5.8.25, Jour­nal — Souvenirs-Hysmans-Reisen

Brei­te die Sou­ve­nirs der Rei­se nach Frank­reich aus, mar­me­la­de­ge­füll­tes Gebäck, Senf aus Dijon, Tees, Sei­fen und Gels aus den Hotels, die rote Peu­geot-Salz­müh­le aus Dijon, vie­le Pro­spek­te und Stadt­plä­ne, nicht zuletzt Bücher, dar­un­ter ein Bänd­chen über den „Issen­hei­mer Altar“ von Huys­mans, aus dem Muse­um Unter­lin­den in Col­mar. Neh­me dar­auf­hin Huys­mans „À rebours“ aus dem Regal. Hat­te es 2015 ange­fan­gen, wie der Ein­trag vor­ne zeigt, vor 10 Jah­ren – und war bis Sei­te 100 gekom­men, immer­hin. Lese es weiter, …

obwohl es mein Fran­zö­sisch-Voka­bu­lar immer wie­der über­for­dert, ab der raf­fi­niert-ein­fa­chen Ein­rich­tung des Schlaf­zim­mers, das einer Mönchs­zel­le ähneln soll, aber mit höchs­tem Geschmack, mime­ti­schem Auf­wand und Luxus: Der Boden ist mit einem Tep­pich belegt, der Ton­flie­ßen nach­ahmt, inklu­si­ve wei­ßer Ein­spreng­sel für Schleif­spu­ren, die Mön­che mit ihren San­da­len hin­ter­las­sen. Man könn­te sich so etwas im Kata­log eines zeit­ge­nös­si­schen Desi­gners, eines Ein­rich­tungs­hau­ses gut vorstellen.

Die Erzäh­lung hat kei­ne eigent­li­che Hand­lung, ist somit ein Anti-Roman, son­dern beschreibt stets die Bemü­hun­gen des Prot­ago­nis­ten um die Ver­wirk­li­chung sei­nes Lebens­ide­als: Ästhe­ti­sche Per­fek­tio­nie­rung des engs­ten Umfelds, sei­ner Woh­nung, Zurück­ge­zo­gen­heit. Inso­fern war­tet man dar­auf, dass etwas „pas­siert“, sich etwas ändert. Ein Orts­wech­sel, eine etwa in der Mit­te des Buches, Kap. 9, ange­kün­dig­te Rei­se nach Lon­don wäre so ein Ereig­nis, doch ahnt man es schon: es fin­det nicht statt, oder zumin­dest nur vir­tu­ell oder ver­mit­telt: Der Bae­de­ker-Rei­se­füh­rer in der Pari­ser Buch­hand­lung beschreibt Lon­don und die Kunst in den Muse­en dort so detail­liert, dass sich ein Besuch erüb­rigt; die Waren im Kauf­haus sind die­sel­ben wie in Lon­don, es gibt eine Men­ge Eng­län­der, die den Roma­nen von Charles Dickens ent­sprun­gen schei­nen, und das Wet­ter ist so reg­ne­risch und neb­lig, wie man es aus sei­nen Beschrei­bun­gen von Lon­don kennt, so dass sich des der Rei­sen­de in spe des Esse­in­tes sagt: „Je suis satu­ré de vie ang­lais depuis mon départ“ (171).

Das Schwan­ken zwi­schen Auf­bruch und Nicht-Fah­ren, kurz vor Abfahrt des Zuges, das ken­ne ich gut. Die zu erwar­ten­den Unbe­quem­lich­kei­ten der Rei­se wer­den eben­falls in Rech­nung gestellt und geben schließ­lich den Aus­schlag: Des Esse­in­tes kehrt nach Hau­se aufs Land, in die Nähe von Fon­ten­ay, zurück „res­sen­tant l’éreintement phy­si­que et la fati­gue mora­le d’un hom­me qui rejoint son chez soi, après un lon et péril­leux voya­ge.“ (171)

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