10.–13.1.25 — Journal

10.1., Mon­tag

Unru­hi­ger Schlaf, trotz der Müdig­keit: Die Trop­fen von Regen und schmel­zen­dem Schnee fal­len laut auf die ble­cher­nen Abde­ckun­gen der Fens­ter­bret­ter, und das nicht regel­mä­ßig-beru­hi­gend, son­dern enervierend. 

Vie­le wil­de Träu­me – die nach dem Auf­wa­chen aber zer­rin­nen. In einen gro­ßen lee­ren Raum fährt auf einem Roll­stuhl ein blin­der Mann, der als Hel­fer, als Ret­ter auf­tre­ten soll. Er brei­tet die Arme weit aus.

Vor­be­rei­tun­gen zur Paris­rei­se, auch sprach­lich. Ver­su­che den Leu­ten auf Fran­zö­sisch zu schrei­ben, um mich zu üben, und auch
Le matin, après, je essaye du con­tin­uer où je ai lais­sé le tra­vail le jour der­nier. Com­ment l’usage du accent aigu ou gra­ve pour moi n’est pas clair, je fais une recher­che. J’ai étu­dié l’usage – mais ça sera plus un cho­se de s’entraîner que de en savoir. 

Am Nach­mit­tag bei der Prä­sen­ta­ti­on der Künst­ler­bü­cher aus der Samm­lung Mar­zo­na mit (wie­der selbst­ver­ur­sach­ten) Hin­der­nis­sen: Den­ke zuerst, es sei im Ham­bur­ger Bahn­hof und rad­le da eilig hin doch da wis­sen sie nichts, dann schnell wei­ter zur Natio­nal­ga­le­rie, mit dem Rad durch den Tier­gar­ten, vol­ler Pfützen.

Aber lohnt sich dann: sehr inten­si­ve, kon­zen­trier­te Zeit, Micha­el Lail­ach und Kol­le­gin von der Kunst­bi­blio­thek stel­len Bücher von Hans Peter Feld­mann, Bol­tan­ski u.a. vor. Dabei sind Ideen für Bil­der­se­ri­en, die ich auch schon hat­te: etwa zer­wühl­te Bet­ten mor­gens. Also: bes­ser nach­se­hen, ob es die Idee nicht schon gibt – oder ver­su­chen, sie anders zu machen. Das Inter­view-Buch mit Hans Ulrich Obrist, bei dem er auf eine Fra­ge non­ver­bal ant­wor­tet, mit einem Bild – köst­lich. Dass Bol­tan­ski so einen fai­ble für Karl Valen­tin hat­te, auch viel Komi­sches gemacht hat, etwa die Serie mit den fake-Selbst­mor­den — wuß­te ich nicht. 

Vie­le bekann­te Gesich­ter im Publi­kum: Erik Stein­bre­cher, Ste­fan Römer, Adib Fri­cke, Knut Ebe­l­ing mit Part­ne­rin, Han­na Hen­nenk­em­per, die Pro­fes­so­rin an der Kunst­aka­de­mie Stutt­gart ist; teils muss­te ich erst die Namen wie­der hervorsuchen. 

Dann, schon ein­mal in der Natio­nal­ga­le­rie, noch in der Nan Gol­din-Aus­stel­lung. Es sind eigent­lich Fil­me, die gezeigt wer­den, bzw. Dia-Shows, mit Musik oder gespro­che­nem Kom­men­tar, z.T. Pro­jek­tio­nen auf meh­re­ren Bild­schir­men, in auf­wen­dig gebau­ten Kinosälen/Pavillons. Vor allem der über ihre Schwes­ter Bet­ty, die mit 20 Selbst­mord began­gen hat, ist schon sehr berüh­rend. Da haben man­che Zuschau­er Trä­nen in den Augen (ich eingeschlossen).

Auf dem Rück­weg in den Wed­ding noch in der Per­le­ber­ger­str. vor­bei, Aus­s­stel­lung beim Art-Lab, mit dabei: Pfel­der und Simo­ne Zaugg mit einem Video.
Kalt, auf dem Rad.

11.1. Sams­tag

Schi­cke die Vor­schlä­ge für den Bei­trag im Salon-Maga­zin end­lich an Ger­hard Thee­wen.
(Auf­schrif­ten aus dem Kel­ler in DLG, Objek­te mit Schild “Bit­te nicht berühren”). 

Nach­mit­tags Ket­te von zumeist kur­zen Stopps: zunächst zu einem Copy­shop in der Per­le­ber­ger, dann zu ep.contemporary, die dor­ti­ge Grup­pen­aus­stel­lung anse­hen, “you are invi­ted . du bist ein­ge­la­den”. Tref­fe dort den Neu­zu­gang in der Grup­pe, FD Schlem­me, der den Raum links bespielt mit Plas­ti­ken. Gutes Zusam­men­spiel, mein Ein­druck. Er ist in Ber­lin gebo­ren, wie sich im Gespräch her­aus­stellt, eine der weni­gen Per­so­nen, die ken­ne und auf die das zutrifft.
Kurz zum nahen HAUNT/frontviews, noch in einen Copy­shop am Ernst-Reu­ter-Platz, einen Aus­weis lami­nie­ren las­sen.
Zum Miss-Read-Talk im Wed­ding. Lau­fe vom Leo­pold­platz aus erst­mal eine Run­de, bis ich wie­der in die Gericht­str. fin­de. Vie­le Leu­te. Anto­nia Hirsch stellt ihre Monog­ra­hie vor, zugleich Künst­ler­buch . Da gibt es man­che gemein­sa­me Inter­es­sen, u.a. das für Indi­ces: ein auf­wen­di­ger interpretierender/kommentierender ist bewusst in die Mit­te des Buches gesetzt, neon­rot gedruckt hebt er sich auch im Schnitt als zen­tral mar­kiert ab. Ihn hat eine pro­fes­sio­nel­le Index­spe­zia­lis­tin erstellt, auf Emp­feh­lung von Den­nis Dun­can, wie ich spä­ter erfahre! 

Inter­es­sant sprach­li­che Aspek­te: das Gespräch ist auf Eng­lisch (viel­leicht des­halb auch so vie­le Teil­neh­mer?); Anto­nia führt es mit Gill Par­ting­ton, Buch­wis­sen­schaft­le­rin, die ein sehr schö­nes bri­ti­sches Eng­lisch spricht. Bei Anto­nia, die per­fekt ein amerikanisch/kanadisch gefärb­tes Eng­lisch spricht, merkt man  erst bei eini­gen deut­schen Aus­drü­cken (Nach­lass, Staf­fe­lung), dass sie kei­ne eng­li­sche Mut­ter­sprach­le­rin ist.
Jay­ne Wil­kin­son, Publi­zis­tin und Lek­to­rin, blät­tert im Buch, das per Smart­phone gefilmt und dann pro­ji­ziert wird – gute Art der Prä­sen­ta­ti­on.
Kau­fe ein Exem­plar. Danach in eine Piz­ze­ria in der Gericht­str, “Sot­to”. Mich­a­lis, Annet­te Gil­bert, Gill , Jay­ne, Anto­nia mit Part­ner. Net­te Run­de. Das fehlt mir sonst häu­fig nach Ver­an­stal­tun­gen. Auch Annet­te G. ist eine gebür­ti­ge Ber­li­ne­rin, Ost. 

In Roland Bar­thes “Jour­nal du deuil”. Es wird spät. 

12.1. Sonn­tag

An den E‑mail-Ein­la­dun­gen zum Geburts­tag; bis da der klei­ne Text zum The­ma “Zeit” geschrie­ben, das Bild her­aus­ge­sucht und ein­ge­fügt ist, das mit den drei Uhren, dau­ert es doch etwas.

Natio­nal­ga­le­rie, noch ein­mal in der Künst­ler­buch­aus­stel­lung. Ohne Füh­rung und ohne Innen­an­sicht der Bücher ist sie frei­lich weni­ger inter­es­sant; auch die Fil­me, in denen die Bücher durch­ge­blät­tert wer­den, ver­mit­teln sie nur bedingt.

Zur Finis­sa­ge der Aus­stel­lung Anony­me Zeich­ner. im Kunst­raum Kreuz­berg. Tref­fe Bet­ti­na Huschek, zei­ge ihr mei­ne Zeich­nung. Ihre Arbeit ist ver­kauft wor­den, es war eine Schreib­ma­schi­nen­zeich­nung, mit Klam­mern, die nach unten hin sich auf­lö­sen, weg­brö­seln. Sie muss dann wei­ter, fliegt noch nach Mal­ta. Hät­te mir den Auf­ent­halt in der Neu­en Natio­nal­ga­le­rie spa­ren oder frü­her dort­hin sol­len; Jetzt habe ich Leu­te ver­passt, mit denen ich mich locker ver­ab­re­det hat­te, oder die Zeit mit ihnen ist knapp.
Kau­fe schließ­lich noch eine Zeich­nung, die von Isa­bel­le Dycker­hoff. Dies­mal geht die Abwick­lung glatt vor sich, anders als beim letz­ten Mal, als mir “der Saft aus­ging”. 250 € für eine der­art dich­te Zeich­nung, das ist eigent­lich nicht viel. 

Tref­fe noch einen Bekann­ten, Jakob Kirch­heim, mit ihm durch die Aus­stel­lung. Er hat hier einen Film in der Sek­ti­on “lines of fic­tion”. Eine Film­re­gis­seu­rin befragt uns über Zeichentechniken. 

Danach zurück nach Hause.

Um 23.35 Zug nach Mann­heim, wei­ter nach Paris. Habe mir fest vor­ge­nom­men, recht­zei­tig los­zu­ge­hen; doch dann wird es wie­der knapp: bis alles abge­spült und auf­ge­räumt ist, alles gepackt und ange­zo­gen; in der U‑Bahn fah­re ich, unkon­zen­triert und auf das Han­dy schau­end, in die fal­sche Rich­tung, wie­der aus­stei­gen und retour, bis Gesund­brun­nen; der Regio­nal­zug von dort bis zum Haupt­bahn­hof fährt erst mit 15 Minu­ten Abstand, lie­ße mir nur 3 Minu­ten zum Umstei­gen – sehr wenig. Neh­me ein Taxi, die Fahrt­dau­er unter 10 Minuten.

Glück­lich im Zug.

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