SHORT­CUT II, Foto­fo­rum Dresden

6.7.–5.8.2023
Foto­fo­rum Dresden

In der Grup­pen­aus­stel­lung “SHORT­CUT II” im Foto­fo­rum Dres­den zeigt Albert Coers Arbei­ten, die mit der Recher­che nach sei­nem Vor­na­men, damit auch nach Iden­ti­tä­ten und Zuschrei­bun­gen zu tun haben, gleich­zei­tig ortspe­zi­fisch sind und auf das Medi­um der Foto­gra­fie abhe­ben. Beson­ders gerät in den Blick die Zusam­men­set­zung von Fil­men aus foto­gra­fi­schen Ein­zel­bil­dern:

Mit “Albert.” (2023, C‑Print auf Papier 170 g, 60 x 100 cm) ist ein Film­still aus der Serie “Sot­to­ti­to­li” gezeigt, das Gesicht einer älte­ren Per­son mit grau­en Haa­ren, ver­mut­lich eines Man­nes, schräg von vorn in Groß­auf­nah­me, durch Bewe­gungs­un­schär­fe und schwa­che Beleuch­tung mit Gegen­licht nur undeut­lich. Unter dem Gesicht, zen­triert über dem Hals­be­reich, ist zu lesen “Albert.” Es stellt sich die Fra­ge, wer die Per­son ist, in wel­cher Bezie­hung sie zum Künst­ler steht. Der Name lässt sich als Bild­le­gen­de, als Beschrei­bung des Abge­bil­de­ten lesen, oder aber als ein­ge­blen­de­ter Unter­ti­tel, als Text wie­der­ge­ge­be­ne gespro­che­ne Spra­che, was die Posi­ti­on unter­halb des Bil­des und der leicht geöff­ne­te Mund der Per­son nahe­legt sowie das läng­li­che For­mat und die dunk­le Rah­mung des Bil­des, was auf die Her­kunft aus einem Film ver­weist.
Tat­säch­lich han­delt es sich um einen Aus­schnitt, ein Still mit Unter­ti­tel aus der fran­zö­si­schen Serie “Les papil­lons noirs” (2022), die Coers zufäl­lig auf Net­flix sah und vom Bild­schirm abfo­to­gra­fier­te. Dort nennt der Prot­ago­nist sei­nen Namen, um einem Schrift­stel­ler sei­ne Lebens­ge­schich­te anzu­ver­trau­en.

Als orts­spe­zi­fi­sches Fund­stück ist gegen­über die Foto­gra­fie eines Stra­ßen­schil­des aus Dres­den zu sehen, “Albert­stra­ße” (2023, C‑Print auf Foto­pa­pier, 20 x 15 cm), von Gebüsch ein­ge­wach­sen. Die anony­me Neu­bau­fas­sa­de im Hin­ter­grund und die Pflas­te­rung las­sen wenig Rück­schlüs­se auf den Stand­ort zu. Das Foto ist auf ein im Gale­rie­raum vor­han­de­nes Regal­brett gestellt, im Zwi­schen­be­reich zwi­schen Prä­sen­ta­ti­ons- und Funk­ti­ons­räu­men.

Im Durch­gang zu klei­nen Neben­räu­men hängt an der Wand das Cover des Buches “DU KANNST MEHR ALS DU DENKST” (1964/2018). Vor eini­gen Jah­ren fand Albert Coers die­ses Selbst­op­ti­mie­rungs­buch aus den 1960ern, bei dem der Nach­na­me der Ver­fas­se­rin, “Albert” mit sei­nem Vor­na­men zusam­men­fällt. Typo­gra­fie und Erschei­nungs­jahr kor­re­spon­die­ren mit dem vor­han­de­nen Schrift­zug “Lüf­tung” über einem Schal­ter an der Wand dar­un­ter.

Auf dem Tür­stock über dem Durch­gang zu einem Neben­raum, der ehe­ma­li­gen Dun­kel­kam­mer, ist das Buch selbst als Objekt plat­ziert. Auf dem Rücken steht nur der Name “Albert”, gefolgt vom Titel, so dass er als direk­te Auf­for­de­rung an den Künst­ler selbst gele­sen wer­den kann. Tritt man in den fens­ter­lo­sen Raum, so taucht das Buch aber­mals auf, in einem hoch an die Wand gebeam­ten Video (2:58).
Coers, zunächst nur mit sei­nen Hän­den zu sehen, stellt das Buch als Moti­va­ti­on über eine Tür, in die eine Reck­stan­ge ein­ge­spannt ist. Er ver­sucht Klimm­zü­ge zu machen, unter gro­ßen Anstren­gun­gen. Die Belüf­tungs­roh­re über der Pro­jek­ti­on pas­sen mit der Reck­stan­ge gut zusam­men.

Über dem Wasch­be­cken im Gang, wo auch “Albert.” hängt, klebt der Print eines Stills aus dem Film (10 x 15 cm), wie­der­um in Nach­bar­schaft zu Roh­ren, dies­mal Was­ser­lei­tun­gen, spielt damit aber­mals mit dem Gale­rie­raum und den vor­han­de­nen Gegebenheiten.

SHORT­CUT II, Foto­fo­rum Dresden

Ophe­lia Beck­mann, Ange­la Bröhan, Albert Coers, Mat­thi­as Hage­mann, Geor­gia Kra­wi­ec, Mar­ti­na Rei­chelt, Bodo Rott, Jens Schü­ne­mann, Sabi­ne Wild

Eröff­nung 5.7.2023, 19:00

Foto­fo­rum Dres­den
Neu­städ­ter Markt 12
D‑01097 Dres­den, Ger­ma­ny
ep.contemporary

Neun Künst­le­rin­nen und Künst­ler von ep.contemporary in Ber­lin gehen mit einer Wan­der­aus­stel­lung auf die Rei­se. Unter dem Titel Short­cut wer­den räum­li­che Distan­zen über­brückt, sowohl medi­al als auch kon­zep­tio­nell. So fin­den unter­schied­li­che Posi­tio­nen zusam­men. Mit „Cut“ ist ein Schnitt ange­spro­chen, eine Zäsur – was auch zur aktu­el­len Welt­la­ge passt. Und mit „Short­cut“ (Abkür­zung, Abschnei­den) eine Tas­ten­kom­bi­na­ti­on, die schnel­les Arbei­ten am Com­pu­ter erlaubt.

So geht es bei den Arbei­ten der Aus­stel­lung um kur­ze Pro­zes­se, um Akte um das (Zer)Schneiden. In die­sem Sinn kom­men Short­cuts wort­wört­lich und zugleich über­tra­gen zum Ein­satz, wobei die Ver­fah­ren sowohl ana­log als auch digi­tal sind. Ele­men­te wer­den aus ihrem Zusam­men­hang genom­men und bekom­men eine neue Bedeu­tung, so etwa bei den Baum­schei­ben von geor­gia Kra­wi­ec, auf denen eine Nadel kratzt, bei den Digi­tal­bil­dern von Ophe­lia Beck­mann oder beim Film­still von Albert Coers. Sabi­ne Wild zer­schnei­det Fotos und webt sie neu zusam­men. Bodo Rott schnei­det Bil­der und den Bild­raum auf, es ent­ste­hen Objek­te, die zwi­schen Male­rei und Skulp­tur ste­hen. Aus Schnit­ten, die mit­un­ter gewalt­sam und dis­rup­tiv anmu­ten, ent­steht etwas Neues.

Nine artists from ep.contemporary in Ber­lin are going on the road with a tou­ring exhi­bi­ti­on. Under the title Short­cut, spa­ti­al distances are bridged, both medi­a­l­ly and con­cep­tual­ly. In this way, dif­fe­rent posi­ti­ons come tog­e­ther. “Cut” refers to a cut, a cae­su­ra — which also fits the cur­rent world situa­ti­on. And with “Short­cut” (abbre­via­ti­on, cut­ting off) a key com­bi­na­ti­on that allows quick work on the computer.

Thus, the works in the exhi­bi­ti­on are about short pro­ces­ses, about acts of (cut­ting). In this sen­se, short­cuts are used lite­ral­ly and at the same time trans­fer­red, wher­eby the pro­ces­ses are both ana­lo­gue and digi­tal. Ele­ments are taken out of their con­text and given a new mea­ning, for exam­p­le in the tree sli­ces by geor­gia Kra­wi­ec, on which a need­le scrat­ches, in the digi­tal images by Ophe­lia Beck­mann or in the film still by Albert Coers. Sabi­ne Wild cuts up pho­tos and wea­ves them tog­e­ther anew. Bodo Rott cuts up pic­tures and the pic­to­ri­al space, crea­ting objects that stand bet­ween pain­ting and sculp­tu­re. From cuts that some­ti­mes seem vio­lent and dis­rup­ti­ve, some­thing new emerges.

Albert Coers

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