Kürzlich bekam ich Nachricht, dass Wilfried Stroh, Professor für Klassische Philologie, am 15.7. 25 verstorben ist. Das machte mich betroffen:
„Wilfried Stroh R.I.P.“ weiterlesenJournal 13.–17.6.25 — Miss Read 2025 — Nachlese

13.6. Freitag
Bastle an Heften, um sie noch auszudrucken: an dem 75er-Heft, das ich zum Geburtstag von Hubert Kretschmer gemacht hatte; füge neue Bilder hinzu…, das BREDA-Heft.
Im Copy-Planet in der Brunnenstr. Die Ausdrucke sind unbefriedigend, die in Schwarzweiß gehen so, aber die in Farbe bringen es nicht.
Naja, habe so auch genügend Material für die Miss Read. Direkt vom Copyshop dorthin, mit U‑Bahn und Bus.
Meine Nachbarn: Daniela Comani, mit der ich mich verabredet hatte, und auf der anderen Seite der permanent Verlag, mit Andreas Koch! Freut mich. Wir haben alle drei ähnliches Outfit, Schwarze Baseball-Kappen, Brillen, Hemden/T‑Shirts. Daniela schlägt ein Gruppenfoto vor – Carsten Lisecki macht es, der auch vorbeikommt und lange am Stand verweilt.
Es kommen viele: Käthe Kruse, die Daniela gut kennt, Matthias Seidl und Christine Bail von Dr. Julius, Bettina Hutschek, Annette Gilbert …
Die Verkäufe laufen nicht so besonders, ein Books to Do … es ist ruhiger als letztes Jahr – das hängt wohl mit der zeitgleichen Eröffnung der Berlin Biennale zusammen, und dass der Termin jetzt im Juni noch nicht so etabliert ist.
Noch etwas plaudern mit Winnes Winnes Radermächers von Felder Books.
14.6., Samstag
Poste einige der Bilder von gestern.
In die Hansa-Bücherei, Ingo Gerken hat dort bis morgen seine Ausstellung der Buch-Objekte und Fotos. Zur Messe. Heute läuft es ökonomisch besser. Max Parnell kommt, kauft gleich sechs Hefte der Reihe mit Gebärdensprache, um sie in einem Radiosender im Wedding weiterzuverkaufen. Die Zeit vergeht ziemlich schnell.
Kaufe einige Kleinigkeiten, ein Heft „von Hundert“, mit dem Themenschwerpunkt Tod; was mich in Zusammenhang mit meinem Vater immer noch beschäftigt. Ein Buch von Micheal O’Connell aka Mocksim mit Kassenzetteln aus britischen Supermärkten, die immer die Summe „0“ aufweisen. Nicht-Kauf, Nicht-Konsum – finde ich eine schöne Idee. Dann ein Reader mit Texten ukrainischer Kuratorinnen und Kulturschaffender „We who have changed“, der sich mit den Veränderungen befasst, die der Krieg Russlands gegen die Ukraine mit sich gebracht hat.
15.6., Sonntag
Noch einmal in die Hansa-Bücherei, dort ist gerade Andreas Koch, auch vor dem Beginn des heutigen Messetags. Gute Unterhaltung über Architektur des Hansaviertels und künstlerische Verarbeitung der klassisch modernen Architektur; Andreas hat z.B. ein Segment aus dem Dach der Nationalgalerie im Maßstab 1:1 nachgebaut und als Tisch gezeigt. Mit ihm per Rad zum Haus der Kulturen der Welt.
Cornelius Brändle von der Künstlerbuch – und Kleinpressenmesse in Berlin kommt vorbei. Etwas anderes Konzept, als die Miss Read, er aber sehr sympathisch. Kauft ein „Wer ist Albert?“-Heft.
Nehme einiges ein, insgesamt wird es sich auf etwa 270 Euro belaufen – was wohl etwas weniger ist als letztes Jahr und weniger als meine Nachbarn – aber immer noch ganz ordentlich für meine Verhältnisse. Da kann man schon einen Teil re-investieren in Bücher.
Suche nach den Tischen von „Multinational Enterprises“ alias Sveinn Fannar Johannsson und Eric Steinbrecher – sie haben Tische nebeneinander, wie schön! Bei ersterem „Ten Exhibits“ (2018), ein Buch mit einer Sammlung von 10 gesammelten und fotografierten Stücken Toilettenpapier, von Eröffnungen in Galerien, zur Unterstreichung der Museumsqualität mit einem Farbkeil abgelichtet und zusammen mit einem Zitat aus dem Pressetext der jeweiligen Ausstellung – muss ich haben. Die Idee einer Sammlung von WC-Papier(rollen) verfolge ich ja auch seit einiger Zeit, hier ist sie jetzt konsequent umgesetzt. Die Begrenzung des Projekts auf 10 Stationen ist vernünftig, denn sonst könnte es ewig so weitergehen, wie bei mir, mit den Rollen (und Gläsern). Bis ins Detail liebevoll gemacht, bis auf die Haare, die sich auf den Papierstücken finden, — und das letzte Stück sieht so plastisch aus, dass ich es berühre – es ist tatsächlich ein Original, eingeklebt, von Sveinns eigener Ausstellung, als Abschluss.
Aus den Büchern von Eric Steinbrecher wähle ich eins, „Schmierpapier“, auf rotem dünnen Papier, das, wie mir Eric erklärt, von der Produktion eines anderen Buches übriggeblieben war. Die freien, krakeligen Zeichnungen gefallen mir; als ich Eric einen Zehner gebe, steckt er ihn in das nächste Exemplar des Buches – farblich passend. Das koste jetzt 20 Euro, meint er – genial aus dem Moment heraus!
Eines der letzten Bücher, die ich erwerbe, ist von Claudia de la Torre – Side A. Als Material/Vorlage diente ein Science Fiction-Roman. Bin ganz glücklich, als ich es mitnehme.
Die Zeit vergeht doch wieder schnell, mit weiteren Ausflügen an andere Tische. Um 19 Uhr ist die Messe zu Ende, beim Gongschlag Klatschen für die Veranstalter – eine verdiente Geste, die mir dieses Jahr neu vorkommt.
Beim Aufräumen nutze ich die Gelegenheit, um meine Bücher und die gesammelten auf den Garderobentischen auszubreiten und zu fotografieren. Es kauft noch jemand von einem anderen Tisch ein Heft, froh, dass ich noch da bin. Sebastian Klug kommt auch noch; ich habe ihn bei seiner Installation im Klohäuschen kennengelernt; sieht sich Bücher an, kauft „deposito provvisorio“. Ein schöner Ausklang. Packe die Sachen in den Koffer, diesen aufs Rad, nach Hause in die Osloerstr. Gehe nicht mehr aus, sehr müde, schaffe es kaum, noch ein paar Bücher anzuschauen, schlafe bald ein.
Mo, 16.6.25
Auf dem Brunch nach der Miss Read, in der Gerichtstr. Gute Unterhaltung mit Ayumi Rahn, mit Winnes, mit Verlegern aus Mexiko. Gut, das Wochenende noch ausklingen zu lassen – nachdem alle Bücher weggeräumt sind.Schreibe mit beim Parallelprotokoll „Hausnummer“, Treffen an der Ecke Anklamer-Brunnenstr. Vor dem Café sehe ich Christoph Brucker sitzen, den ich vom Tischtennis bei Andreas Koch her kenne, mit Barett und ein Glas Weißwein vor sich, ganz bohemehaft. Er hat den Laden „Nutz und Zier“ in der Brunnenstr, für Möbel und Vintage-Objekte.
Mit dem Rad nach Pankow, Eröffnung von SPINORAMA, von Aslak Gurholt, der Bücher mit verschiedenen Gestaltungen und Konzepten von Buchrücken gesammelt, kategorisiert hat und jetzt im einBuch.haus zeigt.
Danach zum Tischtennis in der Kastanienallee, bei Andreas Koch. Es geht im Gespräch viel um das Thema „Sammlung“. Dort auch Tom Biber, der selbst viel Kunst und Bücher gesammelt hat und auch ein Antiquariat betrieb. Würde mich interessieren, ihn zu besuchen.
Di, 17.6.25
Schlaf bis 9 Uhr. Noch fertig von der Miss Read. Morgens Schwitzen, wilde Träume – die ich aufschreiben möchte, mich aber schon einige Stunden später nicht mehr an sie erinnere.
Am DB-Schalter Gesundbrunnen meint der Angestellte, dass mein Name ihm etwas sage; was mich erstaunt und freut. Es sei ein Filmemacher. In der Tat, Matthias Coers heißt ein Filmer, der viel mit sozialem Bezug (Mietmodelle …) gedreht hat, wie ich später nachschaue.
In den Büchern und Zeitschriften, die ich gekauft und getauscht habe. Besonders freut mich „Side A“ von Claudia de la Torre, mit schwarzen Dreiecken, die man auch als Eselsohren/Knicke im Buch lesen kann. Sie deuten mit einer Spitze immer auf ein Wort auf der Seite „finde“ „emotions“; sind schon eine minimalistisch-poetische Komposition, und in der Abfolge so angeordnet, dass sie einen neuen zusammenhängenden Text ergeben. C’est genial!
Ähnlich minimalistisch ist das kleine Büchlein „Tea Ceremony“, von der Happy Potato Press, das ich im einBuch.Haus gekauft habe, als gewissermaßen letzte Erwerbung der Messe. Es besteht immer aus zwei Wörtern /Begriffen, die eingepasst sind in die Silhouette einer Teetasse, eines in der Fläche des Tees, das andere darunter auf der Tasse. Die Flächen sind unterschiedlich groß, erinnern an die Grafiken aus der Mengenleere, und man kann sich Gedanken über das Verhältnis der Worte zueinander machen. Ist z.B. die „Ceremony“ wichtiger als ihr Anlass „Tea“? Oder das Verhältnis zwischen „also“ und „everything“?
In der „Zeitschrift“, von Alexander Wolff herausgegeben, mit einer Type, aus Helvetica und Times gebastelten Schrift, mit einem sehr witzigem Editorial. Anti-Trump-Proteste; sehr aktuell. Dann sehe ich erst, dass es eine Ausgabe schon von 2017 ist. Wieder der Eindruck und die Frage: hat sich so wenig geändert? Immer noch Trump, stärker im Sattel als je.
Journal, 25.5.- 31.5.25, Bologna-Florenz
25.5., Sonntag
Start der Fahrt nach Italien: Die Idee ist, von Bologna aus nach Florenz zu wandern. Eigentlich braucht man für die 130 km 5–6 Tage, mal sehen, ob ich es auch in dreieinhalb schaffe.
Mit E. zusammen nach Prien am Chiemsee, von dort mit Johannes Muggenthaler, der zu seinem Haus in der Nähe von Ancona fährt und mich bis vor Bologna mitnehmen kann. Das trifft sich gut.
Fahrt durch den Regen. Wieder einmal der Effekt, dass hinter dem Brenner das Wetter schlagartig anders, besser wird.. Schon ein Interessanter: über seine Zeit in Oberammergau und in Ettal, Abgang vom Gymnasium wegen „Insubordination“, dann an der Schnitzschule Oberammergau, mit Hermann Bigelmayer; seine Aufnahme an der Akademie München, mit erst 16.
Schon von weitem sieht man die Kirche Madonna San Luca, oben auf der Höhe.
Ausstieg in Casecchio di Bologna, dort über den Reno (ohne h), der mich begleiten wird.
Durch einen Park; relativ viele Leute; es ist ja auch Sonnstag Nachmittag. Über die Umzäunug, steil hinunter zum Fluß. Die Bergstiefel zahlen sich aus; der erste Stecken zum Abstützen wird aus dem Gebüsch gezogen und zurechtgebrochen. Der zweite folgt später, hier schnitze/trenne ich ihn mit dem Messer ab.
Über Wiesen, durch Laubwald am Fluss entlang. Teils ist das Ufer abgerutscht, hinaufklettern; der Boden ausgespült, die Rinnen noch feucht, rutschig, lehmig. Verstehe jetzt, dass bei Regen weite Teile schwer zu passieren sind, Es ist jetzt schon nicht einfach.
Leute kommen mir entgegen — „Buon cammino“ wünschen sie mir freundlich. Andere warnen mich vor einer unpassierbaren Brück.
Imposant eine Steilwand aus Sandstein, die sich über dem Flusstal erhebt. Am Rand eine Casa della Natura, ein Beobachtungspunkt für Tiere; Wasser!
Leider bald danach eine Tafel, die an die Erschießung von Partisanen hinweist, vermeintlichen oder tatsächlichen. Hier in der Nähe verlief die Linea Gotica, die Linie von deutschem Militär und SS bis 1944. Hinweise darauf werden mir immer wieder begegnen. Erinnere mich an Umberto Eco, der in „La misteriosa fiamma della regina Loana….“ von einem Dorf im Apennin, in der Nähe von Bologna? erzählt, wo sich Jungen den Partisanen anschließen.
In Vezzano, eine Ansammlung von Höfen. Heu wird gemäht. Eine nette Raststelle, mit Wasser, Bänken, sogar einem Gästebuch. Hier könnte ich vielleicht sogar übernachten, zwischen den Weinstöcken, aber Ziehe aber weiter.
Hinauf auf die Höhe, hier unten doch zu viel Betrieb und Mücken. Es dämmert, geht auf 9 Uhr zu. Langsam muss ich einen Lagerplatz für die Nacht finden.
Eine Allee von Zedern. Schön. Am Ende Aussicht ins Tal – und auf die Autobahn.
Ein Haus im Bau, eine Bauruine. Lege mich nach einigem Herumsuchen unter eine Gruppe von Zedern. Der Blick in die Äste. Grillen zirpen. Lucciole kreisen, blinken im Gebüsch und den Mauerresten….Freue mich einfach. (Geschrieben im Schlafsack).
26.5., Montag, (geschrieben 31.5., auf der Rückfahrt, zwischen Rosenheim und München)
Hinunter ins Tal – wo ich beim Abstieg zwischen den Wiesen wieder wundersam auf einen markierten Weg treffe. Häuser, eine Kapelle; das muss Guzzano sein. Frage den Fahrer eines Autos, das gerade aus einem Hoftor fährt, nach dem Weg – er kann ihn mir schnell beschreiben. Immer noch die beste Methode: Leute fragen, noch vor Karte oder langem Suchen im Internet.
An der stärker befahrenen Straße entlang, bis der Weg abzweigt, von der anderen Seite kommt.
Blick in die Landschaft; Rast in der Sonne.
Weiter bergauf, durch den Wald. Höre Stimmen: vor mir Wanderer. Versuche sie zu überholen, was mir gelingt, auf Nebenwegen, bis zu einem Hof, dann biege ich falsch ab, der Vorsprung wieder dahin … Frage des Ehrgeizes. Aber generell mag ich es nicht, überholt zu werden.
Werde ich dann doch, bei einer Rast an einer Wasserstelle – fontana. Es ist inzwischen Mittag. Zwischen Bäumen, an einem Platz, wo auch gezeltet wurde.
Schweißstreibender Aufstieg, teils felsig, zum Monte Andone. Dann aber spektakuläre Felsformationen, Türme. Ausblick. Bin ganz begeistert. Es gibt sogar ein Gipfelkreuz und –buch. Freue mich, dass ich ihn auf eine kurze Zeit für mich allein habe.
Abstieg nach Brento. Mittagshitze. Kurzer Stop bei einer Kirche, dann aber doch weiter.
(geschrieben im Rückblick, 1.6.).
Die sich windende Teerstraße entlang. Rechts eine Höhlen-Kapelle mit viel bunten Zetteln, Kerzen, auch Büchern.
Mit Ach und Krach nach Monzuno. Ein Schild weist dorthin, laufe ihm nach, da ertönt es hinter mir: „ragazzo!“. Die Weggenossen, von denen ich mich absetzen wollte, weisen mich darauf hin, dass ich in die falsche Richtung gehe. Wie es sich herausstellt, sind die beiden Italiener sehr nett, und ich teile mit ihnen das Stück in den Ort hinein. Aus Torino bzw. vom Lago Maggiore, haben sie sich erst unterwegs kennengelernt und zu einer Weggruppe zusammengetan. Einer kommt aus Turin, der andere vom Lago Maggiore, Mirco, und sie sind ebenfalls nach Florenz unterwegs. Wir erreichen den Dorfplatz, lassen uns auf die Bänke fallen, trinken am Brunnen.
In der edicola nebenan erwerbe ich Postkarten und schreibe sie gleich, stecke sie in den Briefkasten neben an; finde auch eine Wanderkarte der Via degli Dei.
31.5.25, Samstag
Leaving Florence: Nel treno regionale verso Prato. Solo adesso ho modo di tirare fuori dallo zaino il piccolo portabile (labtop?) e di battere alcune notizie – e come non l’ho fatto da tanto tempo, in Italiano.
L’ultimi giorni erano pieni – c’cé sempre il problema come mettere assieme il vivere il momento e di ricardare/documentare quello che è passato/sucesso.
Stamattina nell’albergo Pendini, Via Strozzi 3, veramente sulla Piazza della Repubblica, nell’ Archone sopra la Piazza (che allora si chiamava “Piazza Vittorio Emmanuele”. Allo stile di epoca, cioè 150 anni fá, quando si chiamava “Pension Pendini”, destinato ai turisti principalmente anglofoni. Si collega con Thomas Mann – che era nato anche lui 150 anni fà, 1875.
Das Hotelzimmer gibt einen schönen Background für kleinere Installationen: Einmal das angeranzte, angekokelte Kochgeschirr, mit der Duschhaube des Hotels um es herumgespannt, als Schutz.
Auf dem Deckel ist eingraviert das Monogramm „M.C.“, entweder von Vati (wahrscheinlich) oder von Martina. Auf den runden Tisch mit den Intarsien gelegt, bildet es einen schönen Kontrast.
Dann sind da die Kugelknäufe am Bett, aus blankem Messing. Man kann Socken darüberstülpen, Handschuhe. Man kann mit Symmetrien spielen: Von jedem zwei Betten, zwei Socken, Handschuhe, Unterhosen, Schlafsäcke. Die Schlafsäcke kann man auch an den Leuchter hängen…
Gegen 9 Aufbruch. Fotografiere noch mehrere der Schachtel- und Papierhaufen, die auf den Straßen zur Altpapiersammlung bereitgestellt stehen, vor Geschäften und Bars; die Schachteln häufig bedruckt mit den Labels der Läden. Daraus könnte eine Fotoserie entstehen, ein Heft…
Über Prato nach Bologna. Die Regionalzüge wieder recht voll, da günstig. Dann die lange Fahrt von Bologna zum Brenner. Recht angenehm, bis in Verona eine Schüler-Rugbymannschaft einsteigt….
Schreibend, essend, umsteigend geht es dahin; in den Nachmittag und Abend hinein.
Müdigkeit. Schlafe trotz der Schüler nachmittags ein, sehe draußen die Berge vorbeiziehen. Besonders zwischen vor Rovereto wieder beeindruckend, egal wie oft ich die Strecke schon gefahren bin. Ortsnamen: Ala, Serravalle, Mori …Memento mori…
In Kufstein Aufenthalt von einer halben Stunde. Über den Inn; die Festung im Sonnenlicht. Eine Runde um die Kirche, auf einer Bank in der Kühle der Marienkapelle gegenüber. Gerade geht eine Maiandacht zu Ende, „Maria dich lieben“ wird gesungen, kenne das Lied gut. Diese Gemeinschaft der Gläubigen, die sich da mitteilt. Tut mir irgendwie leid, dass ich da nicht mehr dazugehöre.
Wasser am Brunnen. Es schmeckt gut.
25.5., SonntagStart der Fahrt nach Italien: Die Idee ist, von Bologna aus
nach Florenz zu wandern. Eigentlich braucht man für die 130 km 5–6 Tage, mal
sehen, ob ich es auch in dreieinhalb schaffe.Mit E. zusammen nach Prien am Chiemsee, von dort mit
Johannes Muggenthaler, der zu seinem Haus in der Nähe von Ancona fährt und mich
bis vor Bologna mitnehmen kann. Das trifft sich gut. Fahrt durch den Regen. Wieder einmal der Effekt, dass hinter
dem Brenner das Wetter schlagartig anders, besser wird.. Schon ein
Interessanter: über seine Zeit in Oberammergau und in Ettal, Abgang vom Gymnasium
wegen „Insubordination“, dann an der Schnitzschule Oberammergau, mit Hermann
Bigelmayer; seine Aufnahme an der Akademie München, mit erst 16. Schon von weitem sieht man die Kirche Madonna San Luca, oben
auf der Höhe. Ausstieg in Casecchio di Bologna, dort über den Reno (ohne
h), der mich begleiten wird. Durch einen Park; relativ viele Leute; es ist ja auch
Sonnstag Nachmittag. Über die Umzäunug, steil hinunter zum Fluß. Die
Bergstiefel zahlen sich aus; der erste Stecken zum Abstützen wird aus dem
Gebüsch gezogen und zurechtgebrochen. Der zweite folgt später, hier schnitze/trenne
ich ihn mit dem Messer ab. Über Wiesen, durch Laubwald am Fluss entlang. Teils ist das
Ufer abgerutscht, hinaufklettern; der Boden ausgespült, die Rinnen noch feucht,
rutschig, lehmig. Verstehe jetzt, dass bei Regen weite Teile schwer zu
passieren sind, Es ist jetzt schon nicht einfach. Leute kommen mir entgegen — „Buon cammino“ wünschen sie mir
freundlich. Andere warnen mich vor einer unpassierbaren Brück. Imposant eine Steilwand aus Sandstein, die sich über dem
Flusstal erhebt. Am Rand eine Casa della Natura, ein Beobachtungspunkt für
Tiere; Wasser! Leider bald danach eine Tafel, die an die Erschießung von
Partisanen hinweist, vermeintlichen oder tatsächlichen. Hier in der Nähe
verlief die Linea Gotica, die Linie von deutschem Militär und SS bis 1944. Hinweise
darauf werden mir immer wieder begegnen. Erinnere mich an Umberto Eco, der in „La misteriosa fiamma della regina
Loana….“ von einem Dorf im Apennin, in der Nähe von Bologna? erzählt, wo
sich Jungen den Partisanen anschließen. In Vezzano, eine Ansammlung von Höfen. Heu wird gemäht. Eine
nette Raststelle, mit Wasser, Bänken, sogar einem Gästebuch. Hier könnte ich
vielleicht sogar übernachten, zwischen den Weinstöcken, aber Ziehe aber weiter.
Hinauf auf die Höhe, hier unten doch zu viel Betrieb und
Mücken. Es dämmert, geht auf 9 Uhr zu. Langsam muss ich einen Lagerplatz für
die Nacht finden. Eine Allee von Zedern. Schön. Am Ende Aussicht ins Tal – und
auf die Autobahn. Ein Haus im Bau, eine Bauruine. Lege mich nach einigem
Herumsuchen unter eine Gruppe von Zedern. Der Blick in die Äste. Grillen
zirpen. Lucciole kreisen, blinken im Gebüsch und den Mauerresten….Freue mich
einfach. (Geschrieben im
Schlafsack). 26.5., Montag, (geschrieben 31.5., auf der Rückfahrt,
zwischen Rosenheim und München)Hinunter ins Tal – wo ich beim Abstieg zwischen den Wiesen
wieder wundersam auf einen markierten Weg treffe. Häuser, eine Kapelle; das
muss Guzzano sein. Frage den Fahrer eines Autos, das gerade aus einem Hoftor
fährt, nach dem Weg – er kann ihn mir schnell beschreiben. Immer noch die beste
Methode: Leute fragen, noch vor Karte oder langem Suchen im Internet. An der stärker befahrenen Straße entlang, bis der Weg
abzweigt, von der anderen Seite kommt. Blick in die Landschaft; Rast in der Sonne. Weiter bergauf, durch den Wald. Höre Stimmen: vor mir
Wanderer. Versuche sie zu überholen, was mir gelingt, auf Nebenwegen, bis zu
einem Hof, dann biege ich falsch ab, der Vorsprung wieder dahin … Frage des
Ehrgeizes. Aber generell mag ich es nicht, überholt zu werden. Werde ich dann doch, bei einer Rast an einer Wasserstelle –
fontana. Es ist inzwischen Mittag. Zwischen Bäumen, an einem Platz, wo auch
gezeltet wurde. Schweißstreibender Aufstieg, teils felsig, zum Monte Andone.
Dann aber spektakuläre Felsformationen, Türme. Ausblick. Bin ganz begeistert.
Es gibt sogar ein Gipfelkreuz und –buch. Freue mich, dass ich ihn auf eine
kurze Zeit für mich allein habe. Abstieg nach
Brento. Mittagshitze. Kurzer Stop bei einer Kirche, dann aber doch
weiter. (geschrieben im Rückblick, 1.6.). Die sich windende Teerstraße entlang. Rechts eine
Höhlen-Kapelle mit viel bunten Zetteln, Kerzen, auch Büchern. Mit Ach und Krach nach Monzuno. Ein Schild weist dorthin,
laufe ihm nach, da ertönt es hinter mir: „ragazzo!“. Die Weggenossen, von denen
ich mich absetzen wollte, weisen mich darauf hin, dass ich in die falsche
Richtung gehe. Wie es sich herausstellt, sind die beiden Italiener sehr nett,
und ich teile mit ihnen das Stück in den Ort hinein. Aus Torino bzw. vom Lago
Maggiore, haben sie sich erst unterwegs kennengelernt und zu einer Weggruppe zusammengetan.
Einer kommt aus Turin, der andere vom Lago Maggiore, Mirco, und sie sind
ebenfalls nach Florenz unterwegs. Wir erreichen den Dorfplatz, lassen uns auf
die Bänke fallen, trinken am Brunnen. In der edicola nebenan erwerbe ich Postkarten und schreibe
sie gleich, stecke sie in den Briefkasten neben an; finde auch eine Wanderkarte
der Via degli Dei. 31.5.25, Samstag Leaving Florence:
Nel treno regionale verso Prato. Solo adesso ho modo di tirare fuori
dallo zaino il piccolo portabile
(labtop?) e di battere alcune notizie – e come non l’ho fatto da tanto tempo,
in Italiano. L’ultimi giorni
erano pieni – c’cé sempre il problema come mettere assieme il vivere il momento
e di ricardare/documentare quello che è passato/sucesso. Stamattina
nell’albergo Pendini, Via Strozzi 3, veramente sulla Piazza della Repubblica,
nell’ Archone sopra la Piazza (che allora si chiamava “Piazza Vittorio Emmanuele”. Allo stile di epoca, cioè
150 anni fá, quando si chiamava “Pension Pendini”, destinato ai turisti
principalmente anglofoni. Si collega con Thomas Mann – che era nato anche lui
150 anni fà, 1875. Das Hotelzimmer gibt einen schönen Background für kleinere
Installationen: Einmal das angeranzte, angekokelte Kochgeschirr, mit der
Duschhaube des Hotels um es herumgespannt, als Schutz. Auf dem Deckel ist eingraviert das Monogramm „M.C.“,
entweder von Vati (wahrscheinlich) oder von Martina. Auf den runden Tisch mit
den Intarsien gelegt, bildet es einen schönen Kontrast. Dann sind da die Kugelknäufe am Bett, aus blankem Messing.
Man kann Socken darüberstülpen, Handschuhe. Man kann mit Symmetrien spielen:
Von jedem zwei Betten, zwei Socken, Handschuhe, Unterhosen, Schlafsäcke. Die
Schlafsäcke kann man auch an den Leuchter hängen… Gegen 9 Aufbruch. Fotografiere noch mehrere der Schachtel-
und Papierhaufen, die auf den Straßen zur Altpapiersammlung bereitgestellt
stehen, vor Geschäften und Bars; die Schachteln häufig bedruckt mit den Labels
der Läden. Daraus könnte eine Fotoserie entstehen, ein Heft… Über Prato nach Bologna. Die Regionalzüge wieder recht voll,
da günstig. Dann die lange Fahrt von Bologna zum Brenner. Recht angenehm, bis
in Verona eine Schüler-Rugbymannschaft einsteigt….Schreibend, essend, umsteigend geht es dahin; in den
Nachmittag und Abend hinein. Müdigkeit. Schlafe trotz der Schüler nachmittags ein, sehe draußen
die Berge vorbeiziehen. Besonders zwischen vor Rovereto wieder beeindruckend,
egal wie oft ich die Strecke schon gefahren bin. Ortsnamen: Ala, Serravalle,
Mori …Memento mori… In Kufstein Aufenthalt von einer halben Stunde. Über den
Inn; die Festung im Sonnenlicht. Eine Runde um die Kirche, auf einer Bank in
der Kühle der Marienkapelle gegenüber. Gerade geht eine Maiandacht zu Ende,
„Maria dich lieben“ wird gesungen, kenne das Lied gut. Diese Gemeinschaft der
Gläubigen, die sich da mitteilt. Tut mir irgendwie leid, dass ich da nicht mehr
dazugehöre. Wasser am Brunnen. Es schmeckt gut.
7.2. ‑12.2 Journal — Venedig
7.2., Freitag Venedig-Nachtrag
Bevor die Erinnerung verschwindet, ein Rückblick auf die Fahrt nach Venedig:
In aller früh stehen wir dafür auf, bereits um 6 Uhr. Diesmal schaffen wir es, im Gegensatz zur letzten Italienfahrt, nach Rom, wo der Zug in Innsbruck stehenblieb. Ankunft nachmittags, gegen 15 Uhr, in Mestre – der Zug fährt aus welchen Gründen immer, nur bis hierher. Mit einem Regionalzug weiter, über die Lagune. Der Himmel verhangen.
Gleich nach der Ankunft in der Libreria dei Miracoli, mit waagrecht gestapelten Bänden, jedes Buch in eine Folientasche eingepackt. Werde auf Englisch angesprochen, was mich stört. Aber klar, mit Rucksack, dann der Phänotyp…
Kaufe einen Paperino-Comic und ein Buch über Venedig, „Report. Venezia sull’orizzonte degli eventi“, von Renato Pestriniero.
Zur Unterkunft, ein Air BNB in Canareggio;Calle Corrente, Nähe der Strada Nuova; typisch venezianisch, Erdgeschoss, niedrig, mit dicken Balken an der Decke, und, prominent, mit einer Säule im Raum. Links vom Eingang eine Abtrennung aus Glas, in Metallrahmen, Art-Deco. Der Terrazzoboden ist kühl, deshalb lege ich Bücher über Venedig, Fotobände, Führer etc. als Trittsteine darauf. So kommt man vom Tisch zum Kühlschrank und zum Herd. Eine spontane Installation.
Wir entdecken „Alexa“, die Konversationspartnerin und Helferin. Italienische Schlager von Fabrizio de André etc. lassen wir sie abspielen. Sie macht dann einfach weiter und spielt ähnliches. „Alexa, basta!“ muss ich irgendwann deutlich sagen, damit sie wieder aufhört. Die Geschichte vom Zauberlehrling fällt mir ein.
8.2., Samstag
Zum nahegelegenen Palazzo Giorgio Franchetti. Spektakulärer Innenhof mit Stein-Intarsien am Boden. Das ist so ein Moment, wo ich mich kaum fassen kann vor Begeisterung. Stendhal-Syndrom. Dann das Museum mit viel mittelalterlicher Malerei und dem Balkon, von dem man auf den Canale Grande hinaussieht. Ein ganz besonderer Ort.
Überfahrt zum Friedhof von S. Michele. Kurzer, aber intensiver Aufenthalt. Die Ausdehnung noch nie so deutlich gespürt. Im Kreuzgang, der ziemlich leer und wenig besucht ist.
Nach einigem Suchen und an der Mauer Umhergehen das Grab von Joseph Brodsky. Interessant der „Briefkasten“, in dem Botschaften an die Verstorbenen abgelegt sind, meist an Brodsky, darunter auch viel in kyrillischer Schrift.
Kaufe sein Buch über Venedig später in der Libreria Acqua Alta.
Um diese Jahreszeit keine Mosquitos, die uns beim letzten Besuch im Sommer fast aufgefressen haben. Jetzt aber auch im „modernen“ Teil, den David Chipperfield saniert hat. Strenge graue Betonwände- und Streben, erinnert an japanische Kiesgärten. Die langen Urnenzeilen wie Appartements in Hochhäusern. Auf jeder Urne ein Photo – was in Deutschland viel weniger verbreitet ist. Erstaunlich der informelle Charakter vieler Bilder, die doch für den Toten das letzte, repräsentative, bleibende sind, zumindest hier auf dem Friedhof: teils unscharf, dann in freizeitlichen Situationen, z.B. mit Weinglas, dem Betrachter gleichsam zuprostend; Das wirkt teils skurril, teils aber auch sympathisch. Mache einige Photos; denke auch an eine größer angelegte Serie und an ein Buch aus diesen Bildern. Man könnte sich auf einen Bildtyp konzentrieren, vielleicht den der unscharfen Bilder ….
Abends Film im Cinema Garibaldi: „The Brutalist“. Hervorragender Adrien Brody, der alle Stimmungsschwankungen des Protagonisten sehr glaubhaft spielt. Doch insgesamt prätentiös, pathetisch. Das Kreuz, das durch Negativraum gebildet wird – das Licht, das in den Raum fällt. Das wäre richtigen Bauhäuslern alles zu viel gewesen, glaube ich. Und es wird eigentlich nicht richtig über Architektur diskutiert. Außer manchmal über Raumhöhen von 15 Meter – und die Einwände der Ingenieure, die auf Einsparungen drängen.
Die symbolistisch raunenden Szenen in den Bergen und Steinbrüchen von Carrara – große Bilder, Freude des Wiedererkennens – aber dann wieder peinliches Pathos, auch in der Schlussequenz, beim Rennen durch den Bau.
In „Report“, im Kapitel “Messaggi”, über Schriften im öffentlichen Raum, offizielle und nicht-offizielle. Interessanterweise auch über Straßennamen, die häufig in einer Mischung aus Hochitalienisch und Dialekt geschrieben sind.
Mario Stefani: „La solitudine non è essere soli, è amare gli altri inutilmente”, was anonyme Hände an mehrern Stellen in Venedig an Bauzäune schrieben – eine schöne Verbreitung von Poesie.
Mahlerklänge von Alexa beim Einschlummern.
9.2., Sonntag
Zum Ca’ Pesaro, Wunderkammer-Ausstellung im Palazzo Grimani. Hier hatte ich die Ausstellung von Baselitz gesehen. Seine Bilder in den Flächen zwischen den Fenstern sind noch da.
10.2., Montag
Spät auf, fühle mich etwas krank; im Bett Lektüre, Josephs Brodskys Ankunft in Venedig, im Winter „molte lune fa“. Der Geruch von Algen bei Temperaturen unter Null für ihn ein Glückserlebnis. Kann ich nachvollziehen.
In die libreria Damocle, nicht weit vom Rialto. War schon dort, aber das Wiederfinden in der Calle del Perdon nicht so einfach. Das erste Mal im Laden. Schöne Auswahl an zwei- und mehrsprachigen Texten: Poes „The Raven“ in mehreren Sprachen, ein Gedicht von Leopardi („naufragio…“), u.a. von Rilke und Heyse übersetzt.
Kaufe drei kleine Bücher, ein Manifest zur futuristischen Sprache von Marinetti, Briefe von Italo Svevo an seine Frau, eine Erzählung der Brüder Goncourt aus Venedig, bei der ein Gemälde geraubt wird.
Gute Unterhaltung mit Pierpaolo Pregnolati über seine Aktivitäten, u.a. als Typograph. Er hat sich russische Lettern aus Litauen schicken lassen, wo man sie gerne losgeworden ist, und hat daraus einige Wörter gedruckt, die in der russischen Literatur spezifisch vorkommen, etwa bei Dostojewski.
In den neuen Teil Venedigs, zur Universität, wo auch die Architekturfakultät untergebracht ist. E. hat sich dort Pläne und Unterlagen des Architekten Eugenio Miozzi vorlegen lassen, der in den 50er/60er Jahren viel für Venedig geplant hat – unter anderem die autorimessa Sant’Andrea am Piazzale Roma, dieses Parkhaus im Bauhaus-Stil. Die Ponte della Libertà, parallel zur Eisenbahnbrücke geht auf ihn zurück, ebenso andere Brücken in Venedig, z.B. die ponte degli Scalzi, gegenüber vom Bahnhof, und die Holzbrücke della Accademia. Er hatte auch vorgeschlagen, Venedig an das Autobahnnetz anzuschließen, mit einem Tunnelring unter dem Meer – was zum Glück nie verwirklicht wurde, damals aber als Schritt Venedigs heraus aus seiner Isolation und Anschluss an die Moderne gesehen wurde.
Laufe durch den Campus; die umgebauten alten Lagerhallen und Werften. Sieht alles sehr funktional aus, aber auch anonym. Wieder an Autos vorbeizugehen, ist ein Schritt der Rückkehr zum Festland. In ein Gebäude von internationalen Stipendiaten, auf der Suche nach einem Ort, wo ich mich hinsetzen und etwas lesen kann. Die Bibliothek, auf die ein Schild vielversprechend verweist. aber nur mit Schlüssel zugänglich. Fensterlose Flure und Treppenhäuser. Schließlich zum appuntamento mit E. in der Cafeteria. Wir fühlen uns wieder ganz studentisch.
Zum Piazzale Roma; das Parkhaus sehr beeindruckend; E. erzählt, dass eine Kollonade geplant war, den Platz umfassend, dem Neoklassizismus/Faschismus der 1930er Jahre geschuldet. Erstaunlich, was alles (zum Glück aus heutiger Sicht) nicht gebaut wurde in Venedig.
Das Parkhaus mit der elegant-minimalistischen Schraubenrampe beeindruckend. Aufs Dach, mit gutem Blick auf die Stadt. Möwen landen neben uns auf der Mauer.
Ins Café der autorimessa im Souterrain. Dunkel, die Zeit scheint in den 50er/60ern stehengeblieben.
Noch einmal Essengehen; in ein Lokal in der Nähe der Strada Nuova. Man zahlt etwas mehr, aber dafür angenehme Atmosphäre, Mischung aus italienischen Gästen und Touristen. Auch hier Einrichtung über Jahrzehnte hin unverändert; Auf Borden sparsam einige Bildbände; umlaufende Metallstange.
Noch ein Spaziergang, auch, um unsere wenigen Abfälle zu entsorgen; vergebliche Such nach dem Müllbot, das wir im Plan der Unterkunft eingezeichnet finden. Schließlich lassen wir den kleinen Sack in einem der wenigen öffentlichen Mülleimer, am Campo dei Gesuiti, gegenüber der Polizeistation.
12.2., Mittwoch
Nachts wenig Schlaf, Husten, Schwitzen; dazu Lärm aus der Wohnung über uns. Ganz gerädert, als der Wecker läutet. Dann, einmal aufgestanden, geht es. Musik diesmal Dvorak; Alexa versteht „Dworschak“ erstmal nicht. Postkarten an Michael Dax, Carla u. Josef Mayerhofer.
Insgesamt angenehme Fahrt im Zug der ÖBB. Während der Fahrt Arbeit an den Bildern für den Ordner für die Archiv-Ausstellung im ZI.
Vieles, was sich unmittelbar gar nicht verwerten lässt – aber viel Zeit braucht und wovon man einen steifen Nacken bekommt. Wie ich gerade.
15.2., Samstag
Anmeldung/Bewerbung für die Miss Read. Briefwahl – die ich dann auch zum Briefkasten bringe.
Entwurf für den Wikipedia-Artikel über Albert Weis – schicke ihn ihm endlich. Die Beschreibung seiner Arbeiten scheint mir nicht sehr inspiriert, zusammenkopiert aus anderen Texten – aber eine gute Grundlage. Ich werde sie noch einmal überarbeiten.
16.2., Sonntag
Von Oleksiy Koval kommt auf facebook eine Replik zum Post über den Cimitero San Michele und Brodskys Grab dort – ein kritischer Artikel über den Schriftsteller und seine zweifelhafte politische Haltung, inklusive abfälliger Äußerungen gegenüber der Ukraine. Das nimmt aber nichts von seinem Werk, finde ich.
In Brodskys Venedig-Buch. Über die Löwen, die geflügelten, als Emblem Venedigs – und seine Umdeutung als Pegasus.
Angenehm, so unter der Bettdecke, während es draußen schneit.
Abends in die Villa Stuck, Hank op de Beek führt durch die Ausstellung. Immer noch sehr witzig, die Bilder. Zum Vortrag über Malewitsch bleibe ich dann aber doch nicht.
5.2.25 — Journal — Geburtstag
Heute mein Geburtstag, ein spezielles Datum der 5.2.25. Schreibt man es „englisch“, 25/2/5, ergeben sich 2x25=50 – mein Alter. Schönes Zahlenspiel, das ich auf eine Klappkarte schreibe, Micah Lexier hätte seine Freude.
Jetzt ist die Marke „50“ erreicht bzw. überschritten. Zum Glück gibt es Leute, die heute kommen und mir über diese Hürde hinweghelfen, die ja letztlich eine gedankliche, auf Konventionen beruhende ist.
Seit Montag Vorbereitungen, Einkaufen, Putzen, Planung von Essen und Gestaltung für ein kleines Fest – das diesmal dem Anlass entsprechend größer ausfällt. Das Motto „Zeit“ ist ausgegeben.
Diese Inszenierungen für Geburtstage macht mir immer Spaß; hier kann man sich austoben, ohne dass es große Kunst sein muss, was herauskommt, eine Art Ausstellung, aber nicht im Kontext einer Galerie, sondern im privaten Bereich der Wohnung.
Idee, aus Kalendern ein Mobile zu machen, die vielen selbstgebastelten Fotokalender einzusetzen, sie beweglich an Stangen aufzuhängen, an Ikea-Kreuzen. Parkscheiben, die ich gesammelt habe; eine davon an die Wohnngtür – eine einfache Intervention. Exemplare der „ZEIT“ draußen zwischen die Stäbe des Treppengeländers geklemmt; weitere skulptural in einem Papierkorb.
Das Beste sind Girlanden aus den Verpackungen von Teebeuteln. Die habe ich lange gesammelt, aber noch nie genau gewußt, was damit machen; habe sie gerollt, zu Stapeln zusammengeschnürt, in Bücher eingelegt, in Schachteln eingeschichtet.
Doch jetzt endlich die Idee von E. mit den Girlanden: die Papierstücke auffädeln. So lassen sich Ketten produzieren, an denen Zeit ablesbar ist, im Verbrauch, der Abfolge der Tees selbst, aber auch auf den Verpackungen, auf denen meist eine Ziehzeit angegeben ist.
Spanne sie in Bögen von der Lampe im Flur zu den Bücherregalen, das ergibt eine Art Festkrone.
Alexander Steig ist der erste, der abends kommt, er erfasst gleich die Situation und hilft noch beim Hängen; von ihm ist ein Multiple von Timm Ulrichs „AM ANFANG WAR DAS WORT AM“ und eine Fotoarbeit von ihm selbst. Roland, der Freund der Schwester von E., hat ein Zahnradmodell aus Lego gebaut, wo die Bewegung sich in immer langsamere Drehungen der Räder überträgt. Gefällt mir gut.
Susanne Thiemann kommt, trotz Augenoperation, die sie kürzlich hinter sich gebracht hat. Sie bringt einen schönen Korb mit, aus Südafrika, der zugleich wie ein Hut aussieht. Von Notburga Karl eine Plastik, drei miteinander verwobene, verknotete Brezen, aus Keramik. Hubert Kretschmer bringt, passend zum Zeit-Thema, wie eine Medizin verpackt, ein „Beschleunigungsmittel“ mit, das ich auch auch meine Person und die Tendenz zur Langsamkeit beziehe …
Und von E. ein Buch von Christoph Ransmayr, den ich ja gerne lese, „Egal wohin Baby“- Kurzromane/Geschichten von nur je ca. 2 Seiten, die sich um ein Foto drehen. Und grünen Tee aus Japan.
Und und und… Ein guter Eintritt in ein neues Jahrzehnt.
27.–28.1 — Journal ‑COMBO, Secession, Antikensammlung
27.1., Montag
Träume: In einem Lesesaal; an den Wänden Tische. An den Tischkanten angeklebtZettel, niedrig, so dass man sich hnkauern muss, um sie zu lesen. Darauf Wochenpläne, auf denen die Anwesenheit der Benutzer eingetragen ist. Nur dann ist eine Benutzung erlaubt, darf man Bücher länger als einige Stunden hier ablegen. Als ich vorbeigehe, spricht mich ein junge Italienerin darauf an, fragt, wie das funktioniere. Bin stolz, ihr das erklären zu können.
In einem französischem Zug/Métro. Männer mit harten Gesichtern steigen ein, fordern auf, die Billets vorzuzeigen. Habe keins, peinlich. Mit anderen Passagieren gibt es ein Handgemenge, das nutze ich, um beim nächsten Halt hinauszuspringen. Direkt neben der Tür ist ein Treppenhaus mit Fahrstuhl. Hinein und nach unten. Steige aus und fliehe, klettere über die Treppengeländer, die sich um den Fahrstuhl schlingen, weiter hinunter.
In ein WC, das groß und mit dunklem Holz getäfelt ist. Es gibt Podeste an den Wänden, als Sitz- und Ablagemöglichkeiten. Aus meinem Rucksack ist ein weißes T‑Shirt auf den Boden gefallen. Lasse mich auf einer Bank nieder und ordne mein Gepäck. Sehr schön, fast wohnlich hier. Sage das zu einer Begleiterin. Beim Verlassen sehen wir neben der Tür ein Namensschild: Ein französischer Beamter hat seine Wohnung für die Dauer von Bauarbeiten zur Verfügung gestellt.
CD von Igor Levitt mit Bach-Choralen, transkribiert für Klavier von Frederico Busoni. Recherchiere nach der Melodie des ersten, Komm, Gott Schöpfer, Heiliger Geist. Jetzt erst verstehe ich, wo diese Melodie im Stück auftaucht – in den langen Noten der Ober bzw. Unterstimme. Und nichts ist dem Zufall überlassen: Die Triolen beziehen sich auf die Dreifaltigkeit …https://www.youtube.com/watch?v=oHFPJkxn-g4
28.1., Dienstag
Eröffnung in der Antikensammlung. Volles Haus, viele aus der Secession oder ihrem Umfeld. Treffe aber auch Daniela Comani, die ich für den Künstlerbund vorgeschlagen hatte, und die aus Berlin gekommen ist;Albert Weis, der die Ausstellung mit ausgedacht und angeleiert, sich um Förderung gekümmert hat, anfangs auch mit ausstellen sollte, dann aber wegen seiner gleichzeitigen Mitgliedschaft im Vorstand des Künstlerbunds und in einer Jury für Fördermittel seine Teilnahme zurückgezogen hatte, aus „politischen“ Gründen. Bei einer solchen Ausstellung mit zwei doch sehr unterschiedlichen Vereinen geht es eben auch um Politik. Die Grundidee sehr gut: Künstlerverbände näher zusammenzubringen, sichtbarer zu machen, unter Verweis auf eine gemeinsame Ausstellung, vor 120 Jahren, am selben Ort wie heute.
Wenn ich auch nur in der vorschlagende/auswählenden Jury war, so werde ich doch auch mit für die Kuration verantwortlich gemacht und darauf angesprochen – was dann doch zuviel der Ehre ist. So soll ich z.B. Auskunft darüber geben, ob das marmorblank glänzend polierte Ei von Karin Sander wirklich roh ist, wie im Schild angegeben … Sie selbst ist leider nicht da. Treffe Stefan Wischnewski, der sich ganz begeistert zeigt über die Ausstellung. Freut mich.
Timm Ulrichs ist auch da, inzwischen fast 85. Von ihm die Motive der Banner am Gebäude – zwei Figuren, Abformungen seines eigenen nackten Körpers, jeweils die untere oder obere Körperhälfte „eingehaust“, durch einen Kubus abgedeckt. Gute Arbeit, die auch zum Thema Figuration – Antike passt.
Er selbst sieht etwas lädiert aus, blaue Flecken im Gesicht; von einem Sturz am Bahngleis, wie ich erfahre. Doch geistig rege wie eh und je. Interessiert und gründlich sieht er sich die Ausstellung an – und besteht auf der Aushändigung des Katalogs – den er sich auch gleich in den Rollkoffer packt.
Schöne Objekte von Karen Pontoppidan, aus Silberblech; ein Bügeleisen, Nudelholz, Fleischklopfer – in einer Vitrine mit Statuetten der Sezessionszeit, Nixen etc., schön in der Anspielung auf Weiblichkeit und Stereotypen. Gut gehängt und disponiert und miteinander in Beziehung gesetzt alles, das kann Johannes Muggenthaler einfach.
Von der Antikensammlung wird gegen viertel nach neun langsam das Ende der Veranstaltung eingeläutet, in wahrstem Sinne des Wortes, mit einem Gong, mit dem Mitarbeiter durch die Räume gehen. Und dann wird auch schon mit dem Wischen angefangen; die langsame, schwingende Bewegung des Wischmops am Boden, um die Kunstwerke herum.
Aus dem Gebäude hinaus auf den Königsplatz, die Briennerstr. Hinunter. In die Pfälzer Weinstube, endlich etwas essen – die Brot- und Käsehäppchen waren schnell aus. Nette Gruppe, mit Daniela, Antonio Guidi, Karen Irmer, Patricia Wich. Am Tisch auch Tanja Fender, mit der ich mich, wie sie sich erinnert, einmal auf Russisch unterhalten hatte – so kommt das Gespräch auf Russland, den Kriege gegen die Ukraine etc. Sie merkt an, dass selbst die Propaganda in Russland nicht mehr das sei, was sie einmal war, die Sprache verroht.
Daniela Comani berichtet von ihren Berlin-Erfahrungen – gerade als sie nach dem Studium in Bologna dort war, geschah der Mauerfall – und dann war es so interessant, dass es keinen Grund mehr gab wegzugehen. Schon beneidenswert, das aus nächster Nähe mitzubekommen. Sie ist 10 Jahre älter als ich, hat auch nächste Woche Geburtstag, am 3.2. …
17.–26.1.25 Journal — Postkarten, Wackelkontakt, Denkmalschutz — und Surrealismus
17.1., Freitag
Die Postkarten des Art-Card-Projekts mit dem Motiv „Photographie“ aus Österreich kommen, in einem schönen Paket. Fotografiere das wiederum.
Lese (auf Twitter), dass David Lynch verstorben ist. Viele Referenzen auf Instagram. Eine von Daniela Comani, die „Wild at Heart“ empfiehlt. https://m.ok.ru/video/944502278681
Die Bilder vom Feuer passen auf seltsame Weise zu den Bränden in Los Angeles.
Abends seit langem wieder zum Sport. Kraft- und Beweglichkeitstraining mit Hadi aus Afghanistan. Seine mit Adern sichtbar durchzogenen Unterschenkel sind neiderweckend. Es tut gut. Und freue mich, als Paul bei einer Übung meint, ich hätte wohl zuhause geübt.
18.1., Samstag
Abends Superman-Film. E. hat das vorgeschlagen, in Bann des bevorstehenden Amtsantritts von Donald Trump, der schon als einer der Villains beschrieben wurde (Lex Luthor?), gegen die nur noch ein Superheld helfen kann. Wir sehen den ersten, aus den 1970ern, der laut eines Rankings im Internet immer noch der beste sein soll.
Sehr bühnenartig-theatralisch der Beginn, medial nicht uninteressant mit einer Staffelung der Ebenen: Eine Leinwand tut sich auf, hinter der ein Kinobildschirm sichtbar wird – auf dem ein Comic aus den 1930er-Jahren projiziert ist, in den die Kamera eintaucht. Dann lange Weltraum-Sequenzen, wie aus Raumschiff Enterprise, in die Title-Shots mit Namen eingebaut sind, die sich wie Raumschiffe bewegen. Das Weltall als Faszination, als Bedrohung und Hoffnung in den 70er Jahren.
Erinnere mich an einzelne Szenen, die ich schon einmal gesehen haben muss. Aber der breite, epische Einstieg auf Krypton, mit Marlon Brando als dem Vater – daran kann ich mich nicht mehr erinnern. Die Geschichte eigentlich völlig absurd, ein modernes Märchen eben. Von einem der auszog, das Fürchten zu lernen fällt mir ein, oder auch Parsifal: ein gutmütiger, nicht allzu heller Held mit Kräften, die er erst noch kennenlernen muss, verlässt seine Eltern, zieht in die Welt hinaus, um sein Glück zu finden, begegnet fremden Rittern, Zauberern.
19.1., Sonntag
Bereits im Bett Gedanken an Archiv-Ausstellung, und wie das Problem des Umgangs mit dem Material zu lösen ist. Dabei heute heller Sonnenschein.
Reinige meine angeschlossene Tastatur, drehe sie um und schüttle sie aus. Erstaunlich, was da alles zum Vorschein kommt, Schuppen, Haare, Staub. Verbringe schon sehr viel Zeit hier, mit ihr, vielleicht zu viel. Fotografiere die Haare, den Staub.
Am Pressetext für die Archiv-Ausstellung. Formuliere ihn ziemlich allgemein, erwähne aber die „Bitte nicht berühren!“ Schilder. Schicke ihn ab und bin recht zufrieden damit.
Damit ist allerdings noch nicht das Problem gelöst, welcher Schwerpunkt beim Heft zu wählen sei. Es gibt einfach zu vieles, was im Archiv interessant ist, ständig macht man neue Entdeckungen. Deshalb auch der Gedanke mit mehreren separaten Heften.
Man könnte mehrere Kapitel anlegen, die Serien hintereinanderschalten. Und/oder Text über die Bilder legen, collagieren.
Beginne den neuen Roman von Wolf Haas, „Wackelkontakt“. Raffinierte Konstruktion, Verfahren der Spiegelung, zwei Personen lesen abwechselnd in Büchern, in denen die Geschichte des jeweils anderen vorkommt. Erinnert etwas an Paul Auster; aber einfacher, selbstverständlicher. Spiel mit Sprach- und Dialektebenen: der eine ein Italiener, der Deutsch von einem Knastbruder gelernt hat und entsprechend deftig sich ausdrückt.
Elektrik: Versuche, die Loop-Antenne an der Hifi-Anlage auszurichten, um Empfang zu bekommen. Nach einigem Herumprobieren gelingt es, das Herumwickeln der dünnen Leitung um den Kunststoffring verbessert die Lage.
20.1., Montag
Traum: Es ist Krieg; Versuche ein Gebäude gegen einen Angriff vorzubereiten, die besten Positionen für Geschütze zu finden. Gebe Anweisungen: Hier, vor dieses Fenster-Erker, das nach drei Seiten öffnet, ein Maschinengewehr. Von hier aus hat man einen guten Blick in die Straße. Weiter hinten ein gläsern-metallisch schimmerndes Hochhaus. Dort wäre eine Stellung ebenfalls gut – aber ein Panzer, so wendet einer in Uniform ein, hätte leichtes Spiel mit dem freistehenden Gebäude.
Wir durchsuchen das Haus nach Brauchbarem, tragen Metallteile zusammen.
R. schreibt mir auf meinen Vorschlag zurück: Er findet die Bilder am Treppenaufgang doch am besten, kann mit den beklebten Treppenstufen nicht so viel anfangen. Hatte mir das schon gedacht. Jetzt ist es wenigstens klar.
Wiederum Gedanken an das Archiv. Das Heft könnte als Gang in und durch das Archiv aufgebaut sein: Kellergänge, Eingang, „Establishing shot“ in den Hauptgang, dann die Regale, Heranzoomen auf Details. Als letztes Bild „Notausgang“.
Noch eine Idee taucht auf: die Bilder könnte ich mit Texten aus dem Tagebuch überlagern, die sich mit dem Archiv beschäftigen…. Sozusagen die Verschränkung von zwei Archiven: meinem eigenen und das dem des Künstlerverbundes.
Sehe mir im Guardian Ausschnitte aus der Inaugurational Speech von Trump an. Ein Großsprecher! The Golden Age of America begins right now! From this day forward, our country will flourish and will be respected again. We will be the envy of every nation …“
Und im Anschluss Dutzende von Dekreten, Austritt aus dem Klimaabkommen, aus der WHO, Stopp von Zahlungen für Länder wie die Ukraine … Das lässt alles nichts Gutes hoffen, das auszusitzen zu können, sich irgendwie damit arrangieren zu können, diese Hoffung war trügerisch.
22.1. Mittwoch
Lese spätabends „Wackelkontakt“ von Haas fertig. Wirklich ein pageturner. Mit welcher Leichtigkeit er die komplizierte Spiegel-Konstruktion des Romans handhabt – fantastisch. Da ist der Rezension in der ZEIT nur zuzustimmen.
23.1. Donnerstag
Endlich Brief von der Unteren Denkmalbehörde im Briefkasten: Die Genehmigung für die Arbeiten am Salvatorplatz ist da. Allerdings in Form einer langen Auflistung von archäologischen Auflagen. Immerhin ist, wie schon im Mai angesprochen, eine Umplanung mit flacherem Fundament als Lösung aufgeführt.
Werde ganz nervös, da es jetzt weitergeht, weitergehen muss. Doch die technischen und organisatorischen Probleme werden nicht gering sein; eine Abwicklung durch die Stadt wäre mir am liebsten – ob die sich darauf einlassen werden? Schreibe ans Kulturreferat. Die Antwort sehr nett und optimistisch wie immer; und Zusage der Kostenübernahme für die Umplanung. doch deren Organisation und die weitere Ausführung wird weiter bei mir liegen, wegen des Generalunternehmervertrags. Habe ich mir schon gedacht.
Eröffnung in der Artothek München. Alix Stadtbäumer und Christian Engelmann: Uhlfelder. Skulptural gebaute Treppe, in eine Raumecke gelehnt, die sich auf die Rolltreppe im Kaufhaus Uhlfelder bezieht, das im selben Gebäude bis in die 1930er Jahre existierte.
Viele Leute, eigentlich eine Art Jahresempfang.
24.1. Freitag
Weitere Mails im Zusammenhang mit dem Denkmal; dann an den Texten für das begleitende Buch; Das Interview mit Jörg Scheller ist von Courtenay Smith englisch lektoriert, das Interview zwischen Florian Matzner und mir steht als nächstes an.
Postkarten-Idee zur Frage der Galerie Dr. Julius: What keeps you going? Daniela Comani hatte mich darauf hingewiesen. Antwort mit einem Bild?: Füße oder Wanderstecken?
Abends Training. Nehme „Zazi dans le métro“ mit, habe richtig Lust darauf, französisch zu lesen; und dann in der U‑Bahn… auch wenn es nur wenige Stationen sind.
Gutes Joga, mit klarer Anleitung.
25.1. Samstag
Traum: In einer leicht bergigen Gegend. Sehe von oben zwei lange Sattelzüge den Berg heraufkommen. Ich (mit E.) soll sie übernehmen und fahren. Setzte mich ans Steuer, hoch oben, suche nach dem Sicherheitsgurt; das Fahrzeug rollt schon, bergab. Suche nach dem Bremspedal, finde es nicht. Die Fahrt wird immer schneller. Ich soll auch wenden. Finde einen Gurt, an dem ich mit beiden Händen ziehe – die Bremse. Nach rechts in eine lange Einfahrt, immer noch mit hoher Geschwindigkeit. Komme dann aber zum Stehen, das Wendemanöver gelingt.
Durch ein Treppenhaus zu einer Rezeption. Ich werde gefragt, ob ich Filme per LKW oder per Rad ausliefern wolle. Es sind VHS-Kassetten, die Cover bunt, aus den 60er-70er Jahren, manchmal erotisch.
In die Antikensammlung, wo am Dienstag die Eröffnung der Ausstellung COMBO stattfinden wird, für die ich in einer Jury Künstler vorschlagen konnte.
Ins Lenbachhaus, München. Installation von Rosemarie Trockel und Thea Djordjadze. Dunkel, Fädenstränge sind durch den Raum gezogen, Leuchtbuchstaben. Dort hockt eine Frau auf einem Schaukelstuhl und starrt ins Leere. Ein Sockel-Becken mit einer Flüssigkeit, darauf schnurbespannte Bilder und Malerei, die an Kunst der 60er/70er Jahre erinnert. Atmosphärisch gelungen, ohne dass man das alles logisch zusammenbekäme — muss man ja auch nicht. Formal schon stimmig. Dass es Referenzen auf Rimbaud geben soll und sein Konzept von Schönheit — das erscheint mir aber etwas aufgesetzt und im Nachhinein konstruiert.
Surrealismus-Ausstellung im Kunstbau. Gefällt mir insgesamt sehr gut, wenn ich auch nicht alles aufnehmen kann. Sehr materialreich; Zeitungsausschnitte, Manifeste von Breton etc. auf Französisch. Vieles wusste ich so noch nicht; wer etwa noch alles an Bord des Schiffes war, mit dem Claude Levi-Strauss nach Südamerika fuhr. Erinnere mich an seine Beschreibung eines Sonnenuntergangs, von Wolken, sehr genau und dabei poetisch. Als Fahrt ins Exil habe ich das dabei nicht primär gelesen, eher als Forschungsreise.
Endlich Beitrag für Dr. Julius, eine Postkarte zum Thema „What keeps you going?“. Verwende die Nachrichten über Global Ranking-Verbesserungen, Spiel mit der Eitelkeit als Motivation fürs Weitermachen. Suche länger nach den Ausdrucken, in Ordnern, Schachteln. Es ist schon sehr viel Material hier verteilt.
26.1. Sonntag
Traum, mit viel Gewalt: In einer großen Halle finden Wettkämpfe zwischen Künstlern statt. Das Reglement sieht ein Duell mit Dartpfeilen vor, die abwechselnd aufeinander geworfen werden. Viele sitzen apathisch auf dem Boden, starren in ihre Smartphones oder Laptops. Die Teilnahme ist allerdings verpflichtend. In mir steigt Wut auf – muss ich da wirklich mitmachen? Wie leicht kann ich in der Brust getroffen werden.
Beim Aufräumen fallen mir Bücher in die Hände, andere suche ich.
Suche nach Büchern, „The Tracker“ von Tom Brown, das irgendwo im Regal sein muss. Finde statt dessen einiges andere, etwa „Der Wellenreiter“ von Dirk Knipphals, in das ich hinten Sätze der Hauptperson „Albert“ notiert hatte.
Weiter in „Zazie dans le métro“. Zazie büxt aus, lässt sich von einem Herren auf dem Flohmarkt eine Jeans kaufen, reißt damit aus…. Macht Spaß, und ich kann einigermaßen folgen, wenn ich nicht jedes Wort verstehen will. Suche im Internet nach einer Auflösung des ersten, phonetisch geschriebenen Wortes – „Doukipudonktan…“ und finde sie: D’ou qui pudent tant.
Diesen Eintrage schreibe ich spät, und er wird recht lang — immerhin eine Woche.
13.–16.1. — Journal, Paris
13.1.25, Montag, Paris
Berlin-Mannheim. Seltsamer Traum, der so gar nichts mit der Situation im Zug zu tun hat: kauere mit anderen in einer Höhle, wir singen ein Lied mit schöner, vertrauter Melodie zur Gitarre „Und am Abend ziehen Gaukler durch den Wald …. Weht der Wind mild und leis ….“
Die Nacht ziemlich hart: Unruhe (Leute telefonieren, unterhalten sich) trotz der späten Stunde, dann die dauernden Halte und Durchsagen (Stendal, Hannover, Göttingen (3 Uhr!), Frankfurt, Mannheim), der Kampf mit den Sitzen und dem Kribbeln in den Beinen, das erst besser wird, als ich mich auf einem Vierersitz ausbreite, die Füße hochlegen kann; die Anspannung und der häufige Blick aufs Smartphone, ob der Anschluss in Mannheim gegen 7 Uhr erreicht wird… Wird er, doch stehe ich auf dem zugigen Bahnsteig. Jetzt geht es flotter, auf der TGV-Trasse kann der ICE seine Geschwindigkeit ausfahren.
Gegen 10 Uhr Ankunft. War lange nicht mehr hier, zuletzt vor gut 10 Jahren, 2013? Und schon wieder begeistert, als sich die glasgedeckten Streben über mir wölben: das ist ein Bahnhof! – nicht die ewigen Baustellen und Nachkriegskonstruktionen in Deutschland. Dagegen die Strenge des Systems öffentlicher Verkehrsmittel. Gar nicht so einfach, sich eine Fahrkarte für die Metro zu besorgen. Durch Gänge und Tunnels, wesentlich ausgedehnter als in Berlin.
Unterkunft Nähe Sully/Morland, im People Marais. Dort im 7. Stock, mit guter Aussicht auf die Umgebung und weit in die Stadt. Das Zimmer minimalistisch, mit Anklängen an die 60er Jahre, Le Corbusier etc, Decke Sichtbeton, Boden dunkler Estrich.
Treffe in einem Café am Place d’Étoile Christine Demias, die ich von “Calendar 2025” im einBuch.haus her kenne, wo sie den März gestaltet hat, und auf den Call mit einem weiteren geantwortet hat, zu einer Ausstellung, und die Einladung dazu als Beitrag abgedruckt. und die ein Über Buchprojekte, und über das ABC (Artist’s Books Cooperative), eine Gruppe von Leuten, die gemeinsam auf Messen etc. auftreten. Da könnte ich mich bewerben/beitreten. Über Galerien und Buchläden, sie empfiehlt Ivon Lambert.
E. kommt an. Gang am Seine-Ufer. Sehe bei den Buchständen einen Blake & Mortimer-Comic, den ich noch nicht habe, „Les 3 formules du Prof. Sato“, der letzte, den Jacobs noch selbst gezeichnet hat. Kaufe ihn. Fühlt sich gut an, ein Buch gleich nach der Ankunft erworben zu haben.
Nôtre Dame, vor kurzem wiedereröffnet. Auf dem Bauzaun Darstellung der verschiedenen Gewerke, die Reparatur des Dachstuhls, die Steinmetzarbeiten. Als wir hineingehen und ich das neue Gewölbe sehe, bin ich so bewegt, dass es mich selbst überrascht, habe Tränen in den Augen. Denke an die Feuerwehrleute, die beim Brand 2019 ums Leben gekommen sind, die Bilder von der Verwüstung, vom eingestürzten Gewölbe der Vierung. Und jetzt diese Leistung, etwas wieder heil zu machen – unabhängig vom Glauben. Dass eine Gesellschaft so etwas noch zu Stande bringt, in nur fünf Jahren.
Ins Centre Pompidou. Heute letzter Tag der Surrealisten-Ausstellung, zu voll. Aber die ständige Sammlung ist auch beeindruckend, und es gibt vieles, das ich nicht kenne bzw. mich nicht erinnern kann, dass ich es schon einmal gesehen hätte: Eine große Installation von Beuys, ein Raum mit Filzrollen an den Wänden, isoliert, Geräusche gedämpft, in der Mitte ein Flügel. Schiffe von Anselm Kiefer, als Objekte beeindruckend, die Kombination mit Schrift/Zitaten bzw. Daten der Weltgeschichte (Seeschlachten) lädt sie zu stark mit Bedeutung auf.
Aber auch bei der Malerei einiges zu entdecken: Bilder von Derain, 2 Boote, diagonal ins Bild gesetzt und angeschnitten; interessant-rätselhafte Titel, fast literarisch: “L’homme indifferent” von Georges Ribemont, erinnert an Musils “Mann ohne Eigenschaften”. Picabia — wusste nicht mehr, dass der auch sehr gut malen konnte. Georges Renault mit seinen dunklen, schwarz umrissenen Figuren. Duchamp nicht nur mit einer schwebenden Schneeschaufel, die so aufgehängt eine besondere Präsenz bekommt, an ein Flugzeug oder auch ein Fallbei erinnert, sondern auch mit einer schönen, filigranen aufwendigen Metall-Glas-Arbeit, er hat eben nicht nur Readymades gemacht. Klee, Malerische Plakat-Abreißarbeiten von Raymond Hains …
Gegen 9 schließt das Haus; zu den Schließfächern, die als Design-Glaskuben gestaltet sind und je nach Belegung rot oder grün leuchten; sind etwas wartungsintensiv, viele sind außer Betrieb, leuchten gar nicht; Überhaupt scheint es nicht einfach, so ein großes Haus, so eine große Maschine am Laufen zu halten.
Richtung Seine, Rue de Temple. Neugierig, was sich hinter “temple” verbirgt: eine evang. Kirche; Im Café Sully Imbiss.
14.1., Dienstag
Zum Louvre/Palais Royale, wo E. in der Nähe, am INHA in der Rue Colbert, das Seminar hat. Gang durch Innenhöfe. Installation von Daniel Buren mit Säulen in verschiedenen Höhen und mit Gängen auf zwei Ebene, erschließt sich mir nicht gleich. In der Biblioteque Nationale. Der legendäre ovale Lesesaal mit dem Glasdach — als für alle offener Saal eingerichtet, mit einem “Best of” in den Regalen, zu Kunst, Theater, Film — und einem einfassenden Kreis von Bandes Dessinées. Als Bücher/Medien, mit denen sich in Frankreich fast alle identifizieren können.
Der Saal Labrouste dagegen als spezialisierter Lesesaal für Kunsthistoriker. Hier hat u.a. Benjamin gearbeitet. Immerhin kann man als Besucher eintreten und sich die mit Pflanzen und Blättern ausgemalten Gewölbe ansehen.
Am späten Nachmittag, nach dem Seminar von E., ins Musée d’Orsay. Gute Interventionen von Elmgreen/Dragset, die realistische Figuren in die Skulpturen- und Bildersammlung des 19. Jahrhunderts eingeschleust haben. Ein Junge kniet auf dem Boden vor den “Die Römer der Dècadence” und zeichnet. Hoch oben steht einer anderer auf einem Sprungturm, ein weiterer auf der Galerie, mit einem Fotoapparat.
Van Goghs Kirche in Oise: diese Entschiedenheit, mit der die Umrisse gezogen sind; hat auch etwas mit Tapferkeit zu tun, sich nicht Unterkriegen lassen. Und dann leuchten die Fenster in Blau…
15.1. Mittwoch
Im Musée des Arts et Métiers. Von außen mit der gotischen Kirche als Bestandteil bereits vielversprechend. Zunächst Ausstellung über Carbonic Footprint bzw. Emprunte du Carbon. Gut gemacht, besser als in Rom, wo wir ja im Museo della Storia Naturale waren, etwa vergleichbar. Doch die historischen Säle schon beeindruckender, mit den Sextanten, Messinstrumenten, mit der Lavoisir-Maschine zur Zusammenführung von Wasserstoff und Sauerstoff, den Waagen …
Das Beste am Schluss : Das Foucaultsche Pendel in der Église St Martin.
Zu Laurence Dumaine Calle, gleich neben St Sulpice. “Sacred Distancing” liegt auf ihrem Tisch, der grüne Punkt auf ihrer Kaffeetasse passt gut zum Sticker auf dem Cover. Zeige ihr auch “Wer ist / Chi è … Albert”.
Dann zeigt sie mir ihre Sammlung bzw. die ihres Mannes, die sie weiterführt.
Da sind Inkunablen, von Hans Peter Feldmann, Boltanski, z.T. von Bob Calle herausgegeben, Gilbert u. George, Sol Lewitt, Pennone etc. Aber auch neueres, ein Buch von Susan Hiller mit Fotos von Straßenschildern, die auf die Präsenz von Juden in Deutschland verweisen, The J.Street Project. Das passt auch zum Denkmal-Projekt.
Zu Fuß nach St Germain, auf Empfehlung von Laurence dort in eine Buchhandlung, die auf Künstlerbücher spezialisiert ist, in der Rue de l’abbaye, Delpire & co. Zeige dort “Sacred Distancing” und “Länderkennzeichen” dem Inhaber, Théophile Calot; wir vereinbaren, dass ich Exemplare vorbeibringe/schicke.
16.1. Donnerstag
Rückfahrt nach Deutschland. Geht deutlich besser als die Hinfahrt, da tagsüber.
Treffe in der Mittelhalle im Haus der Kunst Victor Sternweiler, zusammen mit Beniamino Foschini, der an der Theaterakademie Ästhetik unterrichtet. Mit ihnen in die Ausstellung von Pussy Riot, im Keller-Untergeschoss. Sehr laut, bunt, intensiv. Gut! Hut ab vor dem Kampf gegen die Staatsmacht und Polizeigewalt.
10.–13.1.25 — Journal
10.1., Montag
Unruhiger Schlaf, trotz der Müdigkeit: Die Tropfen von Regen und schmelzendem Schnee fallen laut auf die blechernen Abdeckungen der Fensterbretter, und das nicht regelmäßig-beruhigend, sondern enervierend.
Viele wilde Träume – die nach dem Aufwachen aber zerrinnen. In einen großen leeren Raum fährt auf einem Rollstuhl ein blinder Mann, der als Helfer, als Retter auftreten soll. Er breitet die Arme weit aus.
Vorbereitungen zur Parisreise, auch sprachlich. Versuche den Leuten auf Französisch zu schreiben, um mich zu üben, und auch
Le matin, après, je essaye du continuer où je ai laissé le travail le jour dernier. Comment l’usage du accent aigu ou grave pour moi n’est pas clair, je fais une recherche. J’ai étudié l’usage – mais ça sera plus un chose de s’entraîner que de en savoir.
Am Nachmittag bei der Präsentation der Künstlerbücher aus der Sammlung Marzona mit (wieder selbstverursachten) Hindernissen: Denke zuerst, es sei im Hamburger Bahnhof und radle da eilig hin doch da wissen sie nichts, dann schnell weiter zur Nationalgalerie, mit dem Rad durch den Tiergarten, voller Pfützen.
Aber lohnt sich dann: sehr intensive, konzentrierte Zeit, Michael Lailach und Kollegin von der Kunstbibliothek stellen Bücher von Hans Peter Feldmann, Boltanski u.a. vor. Dabei sind Ideen für Bilderserien, die ich auch schon hatte: etwa zerwühlte Betten morgens. Also: besser nachsehen, ob es die Idee nicht schon gibt – oder versuchen, sie anders zu machen. Das Interview-Buch mit Hans Ulrich Obrist, bei dem er auf eine Frage nonverbal antwortet, mit einem Bild – köstlich. Dass Boltanski so einen faible für Karl Valentin hatte, auch viel Komisches gemacht hat, etwa die Serie mit den fake-Selbstmorden — wußte ich nicht.
Viele bekannte Gesichter im Publikum: Erik Steinbrecher, Stefan Römer, Adib Fricke, Knut Ebeling mit Partnerin, Hanna Hennenkemper, die Professorin an der Kunstakademie Stuttgart ist; teils musste ich erst die Namen wieder hervorsuchen.
Dann, schon einmal in der Nationalgalerie, noch in der Nan Goldin-Ausstellung. Es sind eigentlich Filme, die gezeigt werden, bzw. Dia-Shows, mit Musik oder gesprochenem Kommentar, z.T. Projektionen auf mehreren Bildschirmen, in aufwendig gebauten Kinosälen/Pavillons. Vor allem der über ihre Schwester Betty, die mit 20 Selbstmord begangen hat, ist schon sehr berührend. Da haben manche Zuschauer Tränen in den Augen (ich eingeschlossen).
Auf dem Rückweg in den Wedding noch in der Perlebergerstr. vorbei, Aussstellung beim Art-Lab, mit dabei: Pfelder und Simone Zaugg mit einem Video.
Kalt, auf dem Rad.
11.1. Samstag
Schicke die Vorschläge für den Beitrag im Salon-Magazin endlich an Gerhard Theewen.
(Aufschriften aus dem Keller in DLG, Objekte mit Schild “Bitte nicht berühren”).
Nachmittags Kette von zumeist kurzen Stopps: zunächst zu einem Copyshop in der Perleberger, dann zu ep.contemporary, die dortige Gruppenausstellung ansehen, “you are invited . du bist eingeladen”. Treffe dort den Neuzugang in der Gruppe, FD Schlemme, der den Raum links bespielt mit Plastiken. Gutes Zusammenspiel, mein Eindruck. Er ist in Berlin geboren, wie sich im Gespräch herausstellt, eine der wenigen Personen, die kenne und auf die das zutrifft.
Kurz zum nahen HAUNT/frontviews, noch in einen Copyshop am Ernst-Reuter-Platz, einen Ausweis laminieren lassen.
Zum Miss-Read-Talk im Wedding. Laufe vom Leopoldplatz aus erstmal eine Runde, bis ich wieder in die Gerichtstr. finde. Viele Leute. Antonia Hirsch stellt ihre Monograhie vor, zugleich Künstlerbuch . Da gibt es manche gemeinsame Interessen, u.a. das für Indices: ein aufwendiger interpretierender/kommentierender ist bewusst in die Mitte des Buches gesetzt, neonrot gedruckt hebt er sich auch im Schnitt als zentral markiert ab. Ihn hat eine professionelle Indexspezialistin erstellt, auf Empfehlung von Dennis Duncan, wie ich später erfahre!
Interessant sprachliche Aspekte: das Gespräch ist auf Englisch (vielleicht deshalb auch so viele Teilnehmer?); Antonia führt es mit Gill Partington, Buchwissenschaftlerin, die ein sehr schönes britisches Englisch spricht. Bei Antonia, die perfekt ein amerikanisch/kanadisch gefärbtes Englisch spricht, merkt man erst bei einigen deutschen Ausdrücken (Nachlass, Staffelung), dass sie keine englische Muttersprachlerin ist.
Jayne Wilkinson, Publizistin und Lektorin, blättert im Buch, das per Smartphone gefilmt und dann projiziert wird – gute Art der Präsentation.
Kaufe ein Exemplar. Danach in eine Pizzeria in der Gerichtstr, “Sotto”. Michalis, Annette Gilbert, Gill , Jayne, Antonia mit Partner. Nette Runde. Das fehlt mir sonst häufig nach Veranstaltungen. Auch Annette G. ist eine gebürtige Berlinerin, Ost.
In Roland Barthes “Journal du deuil”. Es wird spät.
12.1. Sonntag
An den E‑mail-Einladungen zum Geburtstag; bis da der kleine Text zum Thema “Zeit” geschrieben, das Bild herausgesucht und eingefügt ist, das mit den drei Uhren, dauert es doch etwas.
Nationalgalerie, noch einmal in der Künstlerbuchausstellung. Ohne Führung und ohne Innenansicht der Bücher ist sie freilich weniger interessant; auch die Filme, in denen die Bücher durchgeblättert werden, vermitteln sie nur bedingt.
Zur Finissage der Ausstellung Anonyme Zeichner. im Kunstraum Kreuzberg. Treffe Bettina Huschek, zeige ihr meine Zeichnung. Ihre Arbeit ist verkauft worden, es war eine Schreibmaschinenzeichnung, mit Klammern, die nach unten hin sich auflösen, wegbröseln. Sie muss dann weiter, fliegt noch nach Malta. Hätte mir den Aufenthalt in der Neuen Nationalgalerie sparen oder früher dorthin sollen; Jetzt habe ich Leute verpasst, mit denen ich mich locker verabredet hatte, oder die Zeit mit ihnen ist knapp.
Kaufe schließlich noch eine Zeichnung, die von Isabelle Dyckerhoff. Diesmal geht die Abwicklung glatt vor sich, anders als beim letzten Mal, als mir “der Saft ausging”. 250 € für eine derart dichte Zeichnung, das ist eigentlich nicht viel.
Treffe noch einen Bekannten, Jakob Kirchheim, mit ihm durch die Ausstellung. Er hat hier einen Film in der Sektion “lines of fiction”. Eine Filmregisseurin befragt uns über Zeichentechniken.
Danach zurück nach Hause.
Um 23.35 Zug nach Mannheim, weiter nach Paris. Habe mir fest vorgenommen, rechtzeitig loszugehen; doch dann wird es wieder knapp: bis alles abgespült und aufgeräumt ist, alles gepackt und angezogen; in der U‑Bahn fahre ich, unkonzentriert und auf das Handy schauend, in die falsche Richtung, wieder aussteigen und retour, bis Gesundbrunnen; der Regionalzug von dort bis zum Hauptbahnhof fährt erst mit 15 Minuten Abstand, ließe mir nur 3 Minuten zum Umsteigen – sehr wenig. Nehme ein Taxi, die Fahrtdauer unter 10 Minuten.
Glücklich im Zug.
5.–9.1. 25, Journal — Baum, Bilder, Bibliothek
5.1.25, Sonntag
Räume den Christbaum ab. Als ich die Schachtel mit den Krippenfiguren hervorhole, rutscht einer der Hl. Drei Könige heraus, fällt auf den Boden. Der Kopf bricht ihm ab. Ein interessantes Fotomotiv, E. meint, es schließe an die französische Revolution und den Napoleon-Film als Hintergrund an.
Höre Platten. Auf einer ein Stück von Chopin, das ins Ohr geht, das “Regentropfenpräludium”. Tatsächlich ist es auch im Band mit Klavierstücken “Stimmen der Meister” zu finden, nach dem mein Onkel Christoph und meine Mutter gespielt haben. Versuche mich daran.
Abfahrt aus DLG am Nachmittag.
6.1. Montag
Ideensammlung für Bildbeitrag zum Salon-Magazin. Zwei Haupt-Ideen: Die Bilder der Aufschriften aus Dillingen verarbeiten, oder die Zettel mit „Bitte nicht berühren!“, kombiniert mit Objekten wie Stift, Bürste, Smartphone zu einer Serie zusammensetzen.
E‑Mails, mit Bettina Huschek, Albert Weis, Susanne Thiemann. Am Wikipedia-Artikel für Albert Weis. Beeindruckende Menge von Kunst-am-Bau-Arbeiten, einige davon auf der Seite des Deutschen Künstlerbunds. Das erinnert wieder an das immer noch nicht realisierte Denkmal für die Familie Mann.
7.1., Dienstag
Traum, sehr plastisch: Wandere über eine Ebene auf die Berge zu. Durch Gras und Heide. Verwoben mit Gras und Büschen erkenne ich aber beim Näherkommen viele Menschen. Sie sind überall, stehen in großen Gruppen bereit, um ebenfalls in die Berge zu gehen, Touristen. Manche klettern schon die Hänge hinauf. Ich laufe los, um an ihnen vorbeizukommen, vor ihnen dort zu sein. Ein verzweifelter Wettlauf, denn eigentlich ist es zu spät, die Landschaft ist bereits besetzt. Renne einen Bachlauf hinauf, dort, wo es am einsamsten ist. Aber auch dort sehe ich Menschen, sie sitzen auf den Bäumen. Dann in einer Fabrikhalle, verlassen.
Kleine Experimente mit dem Tagebuch: Beim Markieren der Einträge von 2024, die ich löschen will, um nur die vom aktuellen neuen Jahr stehenzulassen, zieht das Jahr in Buchstabenkolonnen an mir vorbei. Das nehme ich als Video auf. Es dauert weniger als 1 Minute, nur ca. 45 Sekunden. Wenn ich jetzt alles lösche, müsste eine leere Seite übrigbleiben – das ist aber nicht so, da ich die Einträge vom neuen Jahr auch schon eingefügt, einfach weitergeschrieben habe. „Illusion of a blank page“ könnte man das nennen.
Packe Bücher für die Staatsbibliothek München,
Abends professionelle Zahnreinigung, zuletzt vor einem Jahr vorgenommen. Geht diesmal relativ glimpflich ab, ohne größere Schmerzen, obwohl ich auch da teils in der Unterlippe verkrampft bin. Versuche mich abzulenken durchinnerliches Rezitieren von Gedichten. “Vor Kälte ist die Luft erstarrt / es kracht der Schnee von meinen Tritten / es klirrt der Hauch, es dampft mein Bart / nur fort, nur immer fortgeschritten / Wie feierlich die Gegend schweigt / der Mond bescheint die alten Fichten” — während der Bohrer sich an den Zahnstein heranmacht, es surrt und pfeift.
8.1., Mittwoch
Organisatorisches zur anstehenden Paris-Reise nächste Woche; schreibe Laurence Calle an, wegen eines Treffens. Das klappt, sie antwortet umgehend. Bin schon gespannt auf die Sammlung von Künslterbüchern.
Nachmittags in die Monacensia-Bibliothek, auf der Suche nach englischen Übersetzungen der Briefe der Manns, die Kerstin Klein in ihrem Text erwähnt. Ist natürlich schon erheblicher Aufwand – und nicht unbedingt sehr ertragreich: Die Anreise zur Monacensia nach München-Bogenhausen dauert; ebenso die Recherche und Beschaffung; mit einer Bibliothekarin suche bei den englischen Übersetzungen der Werke Thomas Manns auf der Galerie in den Regalen; finde dann auch etwas. Allerdings stehen die Bücher in einem Glasschrank, zu dem erst einmal der Schlüssel beschafft werden muss, bei der Hauptbibliothekarin … Schließlich liegt der Stapel vor mir. Rein praktisch ist die Ausbeute der übersetzten Briefzitate gering, die ich finde — es ist nur eine kleine Auswahl davon übersetzt, und die Überschneidung mit den im Text zitierten ist klein.
Andererseits zeigt sich dadurch auch wieder einmal der Umfang der Briefwechsel. Allein bei Thomas Mann mehrere (Druck) Seiten am Tag. Und über die Vielfalt der Briefpartner … Innerhalb der Familie, u.a. Heinrich, Kollegen, u.a. Hermann Hesse, Freunde, etwa Erich von Kahler, über den auch Stanley Corngold gearbeitet hat …
Beeindruckend auch die Übersetzungen von Werken der Manns in viele Sprachen, Serbisch, Türkisch…
9.1. Donnerstag
Die Familie Mann weiter im Vordergrund: E. berichtet vom Feuer in Los Angeles, gerade in Pacific Palisades, wo die Villa der Mann liegt. Kontrast zum verschneiten, schneeschlammigen Berlin könnte kaum größer sein.
Versuche, Tagebuch auf Französisch zu schreiben, im neuen Kalender. Aujourd’hui, le soir, je suis allée à jouer du Ping-pong, ou mieux, tennis du table. Un ami, Carsten, fait part du un club, pour s’entraîner sérieusement (et pour s’amuser), dans un halle du sport … Il neige;
Räume den Baum ab. Als ich die Schachtel mit den
Krippenfiguren hervorhole, rutscht einer der Hl. Drei Könige heraus, fällt auf
den Boden. Der Kopf bricht ihm ab. Ein interessantes Fotomotiv, E. meint, es
schließe an die französische Revolution und den Napoleon-Film als Hintergrund
an. Abfahrt aus DLG erst am Nachmittag. 6.1. MontagIdeensammlung für Bildbeitrag zum Salon-Magazin. Zwei
Haupt-Ideen: Die Bilder der Aufschriften aus Dillingen verarbeiten, oder die Zettel
mit „Bitte nicht berühren!“, kombiniert mit Objekten wie Stift, Bürste, Smartphone
zu einer Serie zusammensetzen. E‑Mails, mit Bettina Huschek, Albert Weis, Susanne Thiemann.
Am Wikipedia-Artikel für Albert Weis. 7.1., Dienstag Traum, sehr plastisch:Wandere über eine Ebene auf die Berge zu. Durch Gras und
Heide. Verwoben mit Gras und Büschen erkenne ich aber beim Näherkommen viele
Menschen. Sie sind überall, stehen in großen Gruppen bereit, um ebenfalls in
die Berge zu gehen, Touristen. Manche klettern schon die Hänge hinauf. Ich
laufe los, um an ihnen vorbeizukommen, vor ihnen dort zu sein. Ein
verzweifelter Wettlauf, denn eigentlich ist es zu spät, die Landschaft ist
bereits besetzt. Renne einen Bachlauf hinauf, dort, wo es am einsamsten ist.
Aber auch dort sehe ich Menschen, sie sitzen auf den Bäumen. Dann in einer Fabrikhalle, verlassen. Kleine Experimente mit dem Tagebuch: Beim Markieren der Einträge
von 2024, die ich löschen will, um nur die vom aktuellen neuen Jahr
stehenzulassen, zieht das Jahr in Buchstabenkolonnen an mir vorbei. Das nehme
ich als Video auf. Es dauert weniger als 1 Minute, nur ca. 45 Sekunden. Wenn
ich jetzt alles lösche, müsste eine leere Seite übrigbleiben – das ist aber
nicht so, da ich die Einträge vom neuen Jahr auch schon eingefügt, einfach
weitergeschrieben habe. „Illusion of a blank page“ könnte man das nennen. 8.1., Mittwoch Organisatorisches zur anstehenden Paris-Reise; schreibe Laurence
Calle an, wegen eines Treffens. Nachmittags in die Monacensia-Bibliothek, auf der Suche nach
englischen Übersetzungen der Briefe der Manns, die Kerstin Klein in ihrem Text
erwähnt. Ist natürlich schon erheblicher Aufwand – und nicht unbedingt sehr
ertragreich: Die Anreise zur Monacensia nach München-Bogenhausen dauert; ebenso
die Recherche und Beschaffung; mit einer Bibliothekarin suche bei den
englischen Übersetzungen der Werke Thomas Manns auf der Galerie in den Regalen;
finde dann auch etwas. Allerdings stehen die Bücher in einem Glasschrank, zu
dem erst einmal der Schlüssel beschafft werden muss, bei der Hauptbibliothekarin
… Schließlich liegt der Stapel vor mir. 9.1. Donnerstag Die Familie Mann weiter im Vordergrund: E. berichtet vom
Feuer in Los Angeles, gerade in Pacific Palisades, wo die Villa der Mann liegt.
Versuche, Tagebuch auf Französisch zu schreiben, im neuen
Kalender. Aujourd’hui, je
suis allée à jouer du Ping-pong, ou mieux, tennis du table. Un ami, Carsten, fait
part du un club, pour s’entraîner sérieusement (et pour s’amuser), dans un
halle du sport …
4.1.25, Journal
Fahrt nach Augsburg, zur Ausstellung im H2, Goldbach, der mit Dias arbeitet und von dem ich schon viel gehört habe. Zunächst, weil es am Weg liegt, ins Textilmuseum. Überrascht von der Größe und Aufbereitung. Besonders interessant der Abschnitt über Muster/Ornament und damit verbunden, Reproduktionstechniken (u.a. Druckwalzen, Photogravuren, Repro-Fotoanlage).
Im Obergeschoss/Galerie Ausstellung von Dorothee Aschoff – aus Papierstreifen geflochtene Objekte (daher der Zusammenhang mit dem Textilen), Schiffe, großformatige Struktur-Bilder. Insgesamt überzeugt das nicht ganz, v.a. dass im Einführungstext 4‑mal das Wort „existenziell“ auftaucht, und die Kombination mit Gedichten.
Dafür sind die Ausstellungen im H2 umso besser, wirklich sehr gut: Die von Philipp Goldbach, der große Installationen mit Dias realisiert. Das interessiert mich, da ich auch Dias bekommen habe, vom Kunsthistorischen Institut der Uni Düsseldorf – da hatte ich recherchiert, was es schon alles mit Dias gibt, und war auf Goldbachs Arbeiten gestoßen. Teils kenne ich es aus dem Internet, aber hier live ist es eindrücklicher. Riesige Tableaus mit der Schmalseite aneinandergereihter, gestapelter Dias, so dass man nur den Rand sieht, die eigentlichen Bilder also nicht — die aber so wiederum zu Bildern werden, Schwarzweiß-Grafiken, hochästhetisch.
Und dann die große Schüttung auf dem Boden, zwischen den Säulen. Da kommt Neid auf.
Auf dem Rückweg zum Bahnhof in St. Anna. Kann mich nicht erinnern, je hier gewesen zu sein – vielleicht war die Ausstellung „Menschwerdung“ (2000) hier im Kreuzgang?
Weiter nach Dillingen. Dort spontane Installation mit Mänteln an der Tür zum Vorraum, um die Tür besser gegen Zugluft zu isolieren. Jeweils drei bis vier Mäntel verkette ich miteinander, hänge sie mit ihren Bügeln aneinander auf, und dann oben am Türrahmen, 10 Mäntel sind es insgesamt.
Mit dem Schild „Gut aufheben!“ gehe ich durchs Haus und mache Fotos. Bis spät.
Fahrt nach Augsburg, zur Ausstellung im H2, Goldbach, der
mit Dias arbeitet und von dem ich schon viel gehört habe. Zunächst, weil es am
Weg liegt, ins Textilmuseum. Überrascht von der Größe und Aufbereitung. Besonders
interessant der Abschnitt über Muster/Ornament und damit verbunden,
Reproduktionstechniken (u.a. Druckwalzen, Photogravuren, Repro-Fotoanlage). Im Obergeschoss/Galerie Ausstellung von Dorothee Aschoff –
aus Papierstreifen geflochtene Objekte (daher der Zusammenhang mit dem
Textilen), Schiffe, großformatige Struktur-Bilder. Insgesamt überzeugt das
nicht ganz, v.a. dass im Einführungstext 4‑mal das Wort „existenziell“
auftaucht, und die Kombination mit Gedichten. Dafür sind die Ausstellungen im H2 umso besser, wirklich
sehr gut: Die von Philipp Goldbach, der große Installationen mit Dias realisiert.
Das interessiert mich, da ich auch Dias bekommen habe, vom Kunsthistorischen
Institut der Uni Düsseldorf – da hatte ich recherchiert, was es schon alles mit
Dias gibt, und war auf Goldbachs Arbeiten gestoßen. Teils kenne ich es aus dem
Internet, aber hier live ist es eindrücklicher. Riesige Tableaus mit der
Schmalseite aneinandergereihter, gestapelter Dias, so dass man nur den Rand
sieht, die eigentlichen Bilder also nicht — die aber so wiederum zu Bildern
werden, Schwarzweiß-Grafiken, hochästhetisch. Und dann die große Schüttung auf dem Boden, zwischen den
Säulen. Auf dem Rückweg zum Bahnhof in St. Anna. Kann mich nicht
erinnern, je hier gewesen zu sein – vielleicht war die Ausstellung „Menschwerdung“
(2000) hier im Kreuzgang? Weiter nach Dillingen. Dort spontane Installation mit
Mänteln an der Tür zum Vorraum, um die Tür besser gegen Zugluft zu isolieren. Jeweils
drei bis vier Mäntel verkette ich miteinander, hänge sie mit ihren Bügeln
aneinander auf, und dann oben am Türrahmen, 10 Mäntel sind es insgesamt. Mit dem Schild „Gut aufheben!“ gehe ich durchs Haus und
mache Fotos. Bis spät.
3.1.2025 Journal — Bibliothekarisches
Stehe etwas früher auf, gegen 8. Heute viel Aufräumen und Bibliothekarisches. Finde die Liste zu Super BOOKS 5, auf der ich die Verkäufe/Kontakte notiert hatte, versuche, die Namen der Interessenten zu rekonstruieren; erinnere mich, dass ich mich Anfang Januar bei Lilian Landes von der Bay. Staatsbibliothek melden sollte wegen des Ankaufs von zwei Publikationen, u.a. das neue „Who is / Chi è…“. Die andere ist dort schon vorhanden, aber vier weitere nicht, wie ich im Katalog recherchiere. Schreibe ein kleines Angebot – das abends dann auch schon angenommen wird, was mich sehr freut — Lilian Landes antwortet also schon in den Tagen nach Neujahr!
Dabei sehe ich auch nach andern Büchern und Heften – und finde einiges nicht gelungen; so ist die Reihe der so-viele-Hefte nur mit Jahr und Nummer zu finden, aber weder Autor noch Titel noch irgendetwas zum Inhalt ist angegeben.
Da ist es besser, man schreibt seinen eigenen Katalog: auf der Webseite und auf edcat.net, der Initiative zur Sichtbarmachung von Künstlerbüchern und ‑editionen. Gebe dort drei Bücher ein, TT, Arbeit an der Pause und das neue „situations“ von Anne Wodtcke, wofür ich einen Textbeitrag geschrieben habe.
Und auf Wikipedia unterwegs, füge einiges zum Eintrag von georgia Krawiec hinzu. Aber das muss erst noch gesichtet und freigegeben werden. Zeit kostet dieses Bibliothekarisch-Redaktionelle schon … Zum Glück heute auch mit einem kleinen Erfolg.
1.1. 2025 — Journal
1.1. 2025
Träume, undeutlich, ein großes Gebäude aus Beton, mit höhlenartigen Öffnungen und weichen Formen, wie von Hundertwasser entworfen…
Sonniger Tag. Joga im Licht im Zimmer, das nach Süden geht, nach dem sympathisch-skurillen Buch „Yoga auch im Lehnstuhl!, von Franz Krabichler, mit dem 70er/80er-Jahre-Einband; ich hatte es aus dem Antiquariat Kitzinger mitgenommen, als die Bücher dort alle verschenkt wurden.
Abends stelle ich fest: Der Tag war irgendwie unbefriedigend: Viele Pläne (Tagebuchschreiben, Lesen, in Büchern, in der ZEIT, Klavierspielen), aber keiner davon so richtig umgesetzt. Statt dessen lange Recherchen nach Abspielgeräten/CD-Playern, nachdem die neuen von Igor Levit nicht mehr gelesen werden (On DSCH, 24 Präludien u. Fugen, als Hommage an Bach Ende der 1950er Jahre komponiert). Teste verschiedene Player, auf dem etwas neueren geht es, doch der lässt sich nicht mit den Boxen verbinden etc. Aber typisch: vor lauter Beschäftigung mit der Technik kommt man nicht zu den Inhalten. Aber wenigstens ein kleines Resümee sollte drin sein.
Neujahrsgrüße treffen noch ein. Erinnere mich an Bettina H., die ich bei Karen I. getroffen habe; und die Atlantis-Recherche; suche den Comic in der Mortimer & Blake-Reihe und schicke ihr einen link.
Das Buch selbst finde ich leider nicht mehr — und bestelle es gleich bei Medimops — die erste Bestellung des Jahres. Der Atlantis-Comic (ich hatte ihn schon einmal bestellt, vielleicht ist er damals nach Dillingen geliefert worden, vor der Tür gestanden, nass geworden? Das ist mit dem Katz & Goldt-Buch vor einem Jahr passiert…), eine CD mit Schumann (Kreisleriana, Gesänge der Frühe, in die ich auf Youtube kurz hineinhöhre); ein Band mit Erzählungen von Clemens Setz („Der Trost runder Dinge“). Glaube, ich habe einmal hineingelesen, fand einige Sachen eher abstoßend, aber jetzt, nachdem ich „Indigo“ und seinen Roman über die Kugelinnenwelten gelesen habe – das ist einfach ein guter Autor! Und seine Instagram-Posts!
Am Buch zum Mann-Projekt, englische Übersetzung des Textes von Kerstin Klein. Durch die automatische Übersetzung haben sich viele Formatierungen verschoben/verändert. Und dann würde es sich lohnen, existierende Übersetzungen zu Rate zu ziehen. Suche nach Büchern mit den Briefen Manns. Die Staatsbibliothek hat wenig. Eine Recherche in der Monacensia im Hildebrandhaus wäre gut. Das aber ein größerer Aufwand, dorthin zu fahren und die ganzen Stellen nachzusehen. Das wird so oder so noch viel Arbeit.
Einige Recherchen wegen des Hauses in Dillingen — soll man die Heizung komplett ausschalte — oder wie dem Frost bei Abwesenheit begegnen? Ingesamt doch auch eine Belastung, auch wenn die Tage dort (die vergangene Woche) sehr schön waren.
Es ist schon zwanzig nach zehn. Aber doch noch wenigstens einige Notizen gemacht!
Journal Berlin-Warschau
4.8.24, Sonntag
Am Vortag der Abfahrt nach Warschau noch einmal Museumstag — und unerwartete Einstimmung auf die Reise nach Osteuropa durch einen Aufenthalt im Berliner Osten: Nachdem die Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in der Alten Nationalgalerie überfüllt ist (letzer Tag und kostenloser Museums-Sonntag), zum Stasi-Museum in Lichtenberg. Dort war ich noch nie.

Original-Architektur, mit dem pavillonartig überbauten Eingangsbereich aus ornamentalen Betonelementen – die, wie man später erfährt, nicht zuletzt der Abschirmung der Ankommenden gegen Blicke dienten. Sehr viel auch von der Möblierung noch im bauzeitlichen Zustand der 1950er/60er Jahre. Das Haus wird so gleichzeitig zum Architektur- und Designmuseum und übt so einen – ungeplanten – Reiz aus. Da wäre interessant, inwiefern sich das Ost-Design sich vom zeitgleichen im Westen unterschied, oder ab wann sich da ein eigener Stil entwickelte. Vielleicht noch mehr Hang zum Konstruktiven, Geradlinigen, während es im „Westen“ eher runde, geschwungene Formen waren, siehe die Nierentische etc. Funktionale Elemente neben repräsentativen, z.B. Schiebewände, gestaffelt hintereinander, für die Präsentation von Landkarten. Wuchtige Sessel, mit leuchtend blauen Bezügen, in denen man sich die MfS-Funktionäre bei ihren Sitzungen gut vorstellen kann.
Obwohl man bereits viel weiß: Der Umfang der Bürokratisierung, Katalogisierung, Archivierung der Beobachtungen und Unterlagen über die Observierten doch ganz erstaunlich, v.a. im Stasi-Unterlagen-Archiv gegenüber. Ausstellung über Betroffene, z.B. Gilbert Radulovic, einen damaligen Jugendlichen, der Kontakt zur Anarcho- und Punk-Szene hatte, ein Heftchen zusammenstellte, und massive Probleme bis zur Gefängnishaft bekam.

Einzelne Objekte, z.B. die drehbaren Aktenschränke mit Karteikarten, die an die mittelalterlichen Buchmühlen erinnern; eine Sammlung von Postkarten, die abgefangen und einbehalten wurden – mit herausgeschnittenen und somit separat gesammelten Briefmarken!
Blick ins Gästebuch: Der allgemeine Kommentar „sehr schön!“ fordert eine kritische Replik heraus: „Wo ist da eine Schönheit zu sehen?“

Kontinuitäten der Stasi mit dem russisch/sowjetischen Geheimdienst, auch in der Bezeichnung „Tschekist“ für die Mitarbeiter, v.a. in den 50er-70er Jahren. Insofern gute Einstimmung auf die Reise weiter nach Osten, nach Polen und Litauen, wo ähnliche Überwachung und Drangsalierung herrschte.
Ins Palais Populaire und den Hamburger Bahnhof. Dort nochmal in der Ausstellung von Alexandra Pirici. Diesmal sind Performerinnen aktiv; den Gesang finde ich gut, da er so beiläufig daherkommt; das Rieselnlassen von Sand durch die Hände auch, da sehr einfach. Das Herunterrollen vom Sandhügel hat dagegen schon mehr Theatralisches.
Buchhandlung König. Katalog von Claudia Wieser liegt aus, wie ich neidisch feststelle. Kaufe einen Band von Roland Barthes „Mythen des Alltags“, für die Zugfahrten, die uns erwarten. Schon beim Hineinlesen springen die Thesen und geistreichen Beobachungen einem nur so entgegen.
5.8. Montag
Sehr früh auf, bereits um 3.30. Trotzdem durchzuckt mich beim Läuten des Weckers Erinnerung an angenehmen Traum. Fahrt nach Warschau mit zahlreichen Zwischenstationen, da aus irgendwelchen Gründen keine Direktverbindung möglich ist: Tram von der Osloerstr. zur Warschauerstr., dann S‑Bahn nach Erkner (mit nervös flirrender defekter Anzeigentafel), Regionalzug nach Frankfurt/Oder, von dort aus endlich EC. Ankunft gegen 11.30.
Hotel Tiffi, zentral in der Altstadt, gegenüber der alten Universität, neben der Kunstakademie und einer gutsortierten Buchhandlung. Über die Lage hinaus großzügige Räume. Mit der Einrichtung lässt sich sofort spielen, sie bietet Möglichkeiten anzudocken: die Socken kann man auf einen Lampenschirm zum Lüften legen; die Kleider verteilen. Das Bügelbrett, das sich im Schrank aufgehängt findet, hat skulpturale Qualitäten, erinnert an einen Stele mit Maske. Eine Landkarte von Polen lässt sich per Kleiderbügel (mit Klammern unten) über den Bildschirm hängen. Das Hotelzimmer als Atelierraum, als Fundus, mit dem man, in dem man arbeiten kann.

Zu einem der vorgemerkten Hauptziele, dem neueröffneten Museum POLIN, hinter dem Denkmal für Kämpfer des Warschauer Aufstandes.
Wir sind lange im Museum, bis zur Schließung um 18 Uhr. Es gibt sehr viel zu sehen, zu lesen und zu entdecken, angefangen von der Geschichte der Juden (und damit auch Osteuropas und Polens insgesamt) im Mittelalter über die Neuzeit bis immer näher zur Gegenwart mit den zionistischen Bestrebungen in den 1920ern – und dann, sehr plötzlich, dem Angriff der Deutschen, dem Holokaust.
Zufällig sind wir wieder Anfang August hier, zu den Jahrestagen des Warschauer Aufstands. Überall rot-weiße Binden mit den Farben Polens, Rot-Weiß, so auch am Denkmal. Überall Gedenktafeln, davor Kerzen und Blumen.
Ich fange dann an, in der ganzen Stadt Rot-Weiß zu sehen, auch in den Stoppschildern, den Baustellenabsperrungen, den Schildern mit „Durchfahrt verboten“. Es ließe sich eine Fotoserie mit dem Thema „Rot-Weiß“ machen.

Sehe auf dem Rückweg zum Hotel auch ein Absperrband in Blau-Weiß, mit der Aufschrift „POLICJA“, zwischen einer Hofeinfahrt und einem Parkautomaten über den Gehweg gespannt. So eines habe ich mal in Rom gesehen, in Trastevere, mit der entsprechenden Aufschrift “POLIZIA” und etwas davon mitgenommen. Hier reizt es mich auch, zumal es etwas Verbotenes hat — bei nur geringem Eingriff in den öffentlichen Raum.
Im Hotel mache ich damit eine Serie von Installationen, angefangen mit dem Spiegel, über den ich es quer spanne, bis zum Bett, zur Dusche, die ich so absperre, zum Tatort werden lasse.
Allzuviel Zeit habe ich nicht für die Installationen, was aber auch gut ist, da so das temporäre Moment erhalten bleibt.
Wir sind nur eine Nacht hier, morgen soll es weiter nach Bialystok gehen.
Journal — Auster — Don Quijote — Appropriation
24.5.24, Freitag
Endlich den kleinen Blogeintrag zu Paul Auster. Interessant, wie ein Autor den anderen gibt: Über Austers „City of Glass“ komme ich zu Cervantes „Don Quichotte“ (oder Quijote oder Quixote); Auster erwähnt ihn im Gespräch Quinn-Auster im Bezug auf Fragen der Autorschaft, Manuskriptfiktion etc. Suche nach diesen Stellen, nehme die rote Reclam-Fremdsprachenausgabe aus dem Regal, dann das Goldmann-Taschenbuch aus den 1960ern.
Ehrgeiz, wieder Spanisch zu lesen, mit Hilfe der Worterklärungen und des deutschen Textes geht es einigermaßen; Italienisch, Französisch helfen natürlich, es fehlen aber die ca. 30 % an Wörtern und Formen, die ich mir nicht erschließen kann. Trotzdem, es macht Spaß, und die Geschichten sind amüsant, etwa die Befreiung von Sträflingen, die sich dann gegen den „Wohltäter“ selbst kehrt.
Merke, dass der Bleistift, mit dem ich Anstreichungen und Notizen mache, mit den Farben rot-gelb gut zur spanischen Lektüre passt. Und eine Parallele zur Lanze auf den Covern bildet.

Und irgendwie passt der Don Quichotte auch als Identifikationsfigur: Kampf gegen Fahnenmasten beim Denkmal für die Familie Mann am Salvatorplatz; Auseinandersetzung mit Verwaltung, die Illusion, man sei in einer ganz privilegierten Lage; durch gutgemeinte Versuche macht man eine Sache nur noch schlimmer.
Weiterlesen in Don Quijote; dringe langsam in den Bereich vor, wo es erzähltechnisch interessant wird, nach dem berühmten Kampf gegen die Windmühlen (molinas), schöne Umkehrung: Ein Zauberer habe die Giganten in Windmühlen verwandelt, behauptet Don Q. Die nächste Geschichte, Kap. 9, bringt einen spannenden Zweikampf, der mitten drin abgebrochen wird – vom Erzähler, der hervortritt und das Ende des ihm vorliegenden Manuskripts verkündet – dann im nächsten Kapitel den Rest sucht und findet.
Das ist die Stelle, die ich so lange gesucht hatte, und auf die Auster in „City of Glass“ verwiesen hatte. In der Goldmann-Taschenbuchausgabe fehlt übrigens die ganze Manuskript-Geschichte, der Zweikampf geht nahtlos weiter. Offenbar wurde das als für den Leser zu kompliziert empfunden.
29.5.24, Mittwoch
[…] Aufwachen gegen 5, kann nicht mehr schlafen, lese weiter in Austers zweitem Band der NY-Trilogie, „Ghosts“. Eigentlich einfache Struktur: Zwei Männer beobachten sich gegenseitig, sind als Detektive aufeinander angesetzt, schreiben ihre Beobachtungen auf. Symmetrie. Wieder ist der Schreibakt ganz wichtig – und der Aspekt der Einsamkeit, Isolation als Folge und Voraussetzung des Schreibaktes zugleich. Damit tue ich mich etwas schwer; stelle mir Auster schon als sozialen, gesellschaftlich aktiven Typ vor. Vielleicht ist es auch ein gewisser Neid auf so eine einsam-konzentrierte Situation – während ich den ganzen Tag mit Verwaltungsarbeit und Kommunikation beschäfigt bin, manchmal gar nicht zum Kunstmachen komme – oder zum Schreiben.
Dann beginne ich mit dem 2. Teil des Don Quijote — wo es von den intertextuellen Bezügen noch interessanter wird – und der ja 10 Jahre nach dem 1. herauskam: Das Buch selbst taucht abermals auf, diesmal aber in fertiger Form, als Übersetzung des Textes eines einem arbabischen Autors, Cid Bengali. wird dem Don Q. als bereits erschienen präsentiert, wird diskutiert, kritisiert. Es taucht die Frage auf, inwiefern der Autor vertrauneswürdig sei, ob die Geschichte der Wahrheit entspreche, tatsächlich sich so wie beschrieben zugetragen habe…
Mir fällt Borges ein, mit der Kurzgeschichte “Pierre Menard — autor del Don Quijote”, der den Roman im 20. Jahrhundert noch einmal geschrieben hat — aber genau identisch. Damit verbunden die Frage, ob er als Autor des Don Quijote gelten darf — was im Titel schon beantwortet ist. Annette Gilbert hatte das damals, 2011, als Einstieg in ein Symposium zum Thema “Appropriation” verwendet, “Wiederaufgelegt. Zur Appropriation von Texten und Büchern in Büchern”. Dazu erschien ein schöner Band bei transkript. Ich hatte einen Beitrag zur Reihe “Ex-Libris” des Salon Verlags gemacht.
Eigentlich war das, im Zusammenhang mit der Dissertation, mein Einstieg in die Welt der Konzept-Bücher, allgemein der Künstlerbücher, damals hatte ich auch Michalis Pichler kennengelernt, der über seine künstlerische Arbeit berichtet hatte und seit 2009 die Miss Read veranstaltet.
Ich werde Annette demnächst, am 8.6. bei der Vorstellung von “Books to Do” im Miss Read Space in Berlin treffen.
Journal — Paul Auster
Es ist schon ein paar Wochen her, aber es beschäftigt mich immer noch: Paul Auster ist am 30.4. 24 gestorben.
Auster hat mich lange begleitet, zeitweise war ich süchtig nach seinen Texten.
Greife ins Regal, wo eine ganze Reihe seiner Bücher stehen, lese noch einmal Texte von ihm, entdecke Aktuelles: in „Talking to Strangers“ hatte er über Salman Rushdie geschrieben – und die tägliche Hoffnung, er möchte die nächsten 24 Stunden überleben. Der Text ist von 1993 und an den Rand notiert hatte ich „2023“ – als Rushdie drei Jahrzehnte später tatsächlich Opfer eines Angriffs wurde; sein Buch „Knives“ über das Attentat liegt gerade im Schlafzimmer.
In “The Brooklyn Follies” entdecke ich eine Widmung meines inzwischen ebenfalls verstorbenen Vaters von 2005 — ich hatte das Buch mir ausdrücklich gewünscht.
Begonnen hatte die Auster-Begeisterung für mich, wie für viele, mit der „New York Trilogy“, mit „City of Glass“, vor fast 20 Jahren. Ich weiß nicht mehr genau, wie ich auf ihn kam, vermutlich nach meinem Aufenthalt in New York 2004; das rote Reclambändchen aus der Reihe der Fremdsprachentexte ist von 2005, ebenso der Rest der New York Trilogy in einem Penguin-Band (ich glaube, von der Munich Readery, Augustenstr./Ecke Schelling), vom November, dann „Moon Palace“ vom Dezember. Interessant, wieviel englische Wörter ich damals noch nicht wusste und unterringelte — die für mich jetzt selbstverständlich sind.
Was mich an Auster faszinierte (und dies weiterhin tut): Er erzählt Geschichten, die sich zur Identifikation anboten, in denen ich mich wiederfinden konnte.
Der junge Mann etwa, der sich immer weiter einschränkt, auf Telefon, Heizung, am Ende auch Wohnung verzichtet, Nächte im Central Park zubringt.
Es sind immer wieder Sätze, die zu meiner Situation passten, z.B. „I lived in that apartment with over a thousand books“, diesen Satz hatte ich mir in „Moon Palace“ gleich auf Seite eins unterstrichen.
Häufig beschreibt er Szenen, die aus Arbeiten der Konzeptkunst, aus Kunstinstallationen stammen könnten; etwa die Zweckentfremdung von gefüllten Bücherkisten als „imaginary furniture“, als Möbel, als Bettstatt, Tisch, Stuhl etc. Das war schon nahe dran an den Buchinstallationen, die ich in den Jahren ab 2004 entwickelte. Und dann die Verbindung Bücher und Person, als der Erzähler Stück für Stück seine Bücher verkauft, seine Wohnung sich leert: „Piece by piece, I could watch myself disappear“.
Die imaginären Archive, etwa die unterirdische Sammlung von Telephonbüchern von Städten weltweit in „Oracle Night“ – die dann ähnlich, aber historisch-konkret bei Karl Schlögel „Im Raume lesen wir die Zeit“ auftauchen.
Oder den Stadtwanderer, der in „City of Glass“ virtuelle Spuren durch Ablaufen von Straßenzügen hinterlässt, die sich dann, bei Blick von oben auf einen Stadtplan, als Buchstaben, als performativ erzeugte Mitteilungen lesen lassen – das könnte man sich gut als tatsächliches Konzept einer Performance vorstellen.
Das faszinierende Thema Selbstreferenz: Sich selbst beim Schreiben zuzusehen. Die Ebenen verschachteln. Mit der eigenen Identität und der Fiktion spielen: „My name is Paul Auster. This is not my real name” (City of Glass). Der Verfasser von Detektivromanen, der selbst in eine Detektivgeschichte verwickelt und mit dem Namen des Autors angesprochen wird – wobei die Frage im Hintergrund steht: Wer ist der Autor? Als Höhepunkt der Besuch des Erzählers beim Autor Paul Auster zu Hause. Erinnert an Italo Calvino „Wenn ein Reisender in einer Winternacht“.
Das gefiel mir damals, das gefällt mir immer noch, auch wenn die Verfahren inzwischen bekannt sind. Dieses Spiel mit Namen, diese Selbstreferenz, das taucht ja auch in der Rechereche und den Installationen „Wer ist Albert?“ auf.
Beginne “Moon Palace” noch einmal zu lesen, dann “City of Glass” …
Nachlese: Leipzig „it’s a book“
23.3. 24
Von Dresden nach Leipzig – da noch Zeit bis zur Abfahrt des Zuges ist, zum Albert-Platz. Foto des Straßenschildes vor dem Kästner-Haus, Fortsetzung der Serie der Straßen mit meinem Vornamen.
In Leipzig zur Hochschule für Gestaltung, wo die Messe “it’s a book” stattfindet — parallel zur “großen” Buchmesse, Bin zum ersten Mal hier. Habe schon öfter von der Messe gehört, aber es hat sich bislang nicht ergeben.




Im Lichthof, sehr schöner Raum. Die Tische im Erdgeschoss und auf den folgenden Etagen des Treppenhauses. Treffe gleich Michalis Pichler, kaufe ihm für kleines Geld eine Zeitung ab, ein Reprint von Zeitungen des 11. September 2001, wo alle amerikanischen Flaggen durch freigestellt und aufgeklebt reproduziert sind – einschließlich der Rückseite der Cutouts.
Gegenüber Argobooks mit Vanessa Adler. Tausche gegen ein Exemplar von „Länderkennzeichen“ ein kleines Buch von Ann Noël: „Spirale“, wo sie Listen nach dem ABC geordneter Begriffe bringt, z.B. Abkürzungen, Namen, Künstler etc., die sie zum Einschlafen sich mit ihrem Partner hin- und hergespielt und schließlich aufgeschrieben hat.
Ich treffe Aslak Gurholt, Grafiker/Künstler aus Norwegen. Wir unterhalten uns über die Ähnlichkeiten von Konzepten und Handlungen – er sammelt Spielkarten im öffentlichen Raum und hat schon einige Leute kennengelernt, die dasselbe tun. Und gleiche Namen: er recherchiert nach Paul Rand, und es kommen ihm viele Vertreter desselben Namens unter. Mir fällt Alan Berliner ein, mit seinem Film „The sweetest sound“, wo es um Namen und v.a. seinen eigenen geht — ich hatte den ich einmal auf der Berlinale gesehen.
Er schenkt mir ein Heft, das sich mit Löchern beschäftigt: Die bekannten zwei Lochungen zum Abheften sind ergänzt durch weitere, die im Zusammenspiel mit dem grünen Papier und der Illustration von Fahnen zu Golf-Löchern werden. Eine einfache, sehr schöne Idee. Neben dem Stand des Verlags aus Norwegen ist Felderbooks, von Winnes, der mir ebenfalls im Tausch ein Heft gibt, „Can I Borrow Your Logo?“, abfrottierte Markensignets von Autos.
Weiter oben treffe ich den Stand von einBuch.haus, kaufe „How to book Berlin“. Zwar ist mir vieles bekannt, aber die Statements der Leute darin, von denen ich viele kenne, sind interessant. Vielleicht ließe sich etwas Ähnliches für München entwickeln, mit Hubert Kretschmer zusammen. Daneben ist Robin Waart. Wir tauschen ein Heft gegen einen Doppelkatalog mit Postkarten, von zwei verschiedenen Projekten, raffiniert oben und unten.
Moritz Grünke von Gloria Glitzer schenkt mir ein Meta-Heft, Gedanken über die Zukunft von Buchmessen – die er lieber als „Festivals“ bezeichnet wissen möchte, wegen der Assoziation mit Handel, Kommerz, finanzieller Gewinn, der bei „Buchmesse“ oder „Fair“ mitschwingt – und was bei den allermeisten Teilnehmern gar nicht der Fall ist, darüber hinaus den Erhalt von Förderungen erschwert (The Future of Art Book Festivals (formerly known as fairs). Es geht immer wieder um wirtschaftliche Aspekte: wer produziert mit welchen Mitteln, wer kauft Künstlerbücher? Für mich ist es ja finanziell auch eine Sideline, ein Zuschussgeschäft, ohne Förderung nicht zu machen. Trotzdem bin ich stolz, wenn ich beim Besuch von Messen etwas verkaufe und die Kosten der Messe (Gebühr, Anfahrt…) wieder einspiele, ja sogar darüber hinauskomme. Und eigentlich möchte ich lieber an einer „Messe“ teilnehmen als an einem „Festival“, weil ersteres sich ernsthafter, seriöser anhört. Das sind so die Widersprüche, auf die Moritz hinweist.
Beim Textem-Verlag kaufe ich fast immer ein Büchlein aus der Reihe „Kleiner Stimmungsatlas in Einzelbänden“. Die sind handlich und eigentlich immer gut geschrieben. Und einen Band „Dilettantismus“ beizusteuern habe ich ja vor – aber als Einübung schadet es sicher nicht, einige andere Bände zu lesen – so rechtfertige ich weitere Käufe. Diesmal fällt mein Auge auf „Weltraum“ von Sebastian Burdach. Für das Thema interessiere ich mich sowieso, und Nora Sdun erzählt mir so engagiert aus dem Inhalt, von der Weltraum-Werbungskonkurrenz zwischen Cola und Pepsi, dass ich zugreife.
Unten treffe ich Elfi Seidel, die ich u.a. von der Ausstellung bei Vinzenz Sala her kenne. Wir und ihr Partner unterhalten uns im „Garten“ u.a. über das Denkmal-Projekt.
Ich kaufe bei Roma Publications ein Buch, das mir gleich am Anfang ins Auge gestochen ist: „Exosphere“ von Batia Suter; Fotos von den Verpackungen von Objekten aus Styropor und Karton, assoziativ kombiniert.
Einige Stunden bin ich hier, habe viele getroffen, einiges getauscht und auch gekauft, jetzt gar kein Bargeld mehr; jetzt das Gefühl, es reicht langsam. Ich mache mich auf den Weg zum Bahnhof.
In der Buchhandlung dort noch ein letztes Buch: „Das doppelte Deutschland“ von Ursula Weidenfeld. Das Thema finde ich interessant, gerade aus Dresden und Leipzig kommend. Darüberhinaus reizt mich, dass es sich um ein von der Autorin signiertes Exemplar handelt – mit Fehlern im Druck: manche Zeilen sind gewunden, geschwungen; was ihnen eine gewisse Plastizität verleiht.
Journal 15.3.24 — Vater, Bilder, ABC. “What is life?“
Heute ist es ein Jahr her, seit mein Vater gestorben ist. Es fühlt sich nicht solange an. „Schon ein Jahr“ möchte man sagen, und ist überrascht.
Sehe mir Fotos vom März letzten Jahres auf dem Smartphone an. Schon eine distanzierende Oberfläche. Und seltsam ernüchternd, was mit den Bildern des Toten und von der Beerdigung passiert, wenn sie im Mini-Format, neben allen möglichen anderen Fotos auftauchen.
Versuche, Fotos zu ordnen. Beim Verbinden des Smartphones mit dem Laptop, beim Markieren von Fotos, um sie sie chronologisch in Ordner auf die Festplatte zu verschieben, setzt sich der Vorgang fort und lässt sich nicht mehr stoppen – Kolonnen von Bildern wandern auf dem Bildschirm ruckelnd nach unten, bekommen einen blau-transparenten Schatten, der Zeile für Zeile vorrückt. Der Rechner hängt sich auf, die Datenmengen waren wohl zu groß.
Klicke mich teils durch die Ordner – es müssen über 70 sein – die mit „Westendstr.“ beschriftet sind. Es sind tausende von Fotos, die ich gemacht habe, vom Haus, von Objekten, von Schriftstücken – und von Installationen. Ich werde nur einen Bruchteil davon je veröffentlichen können.

Suche nach einem, das zum heutigen Tag passen könnte, um es auf Instagram zu posten. Da ist die Installation mit alten Koffern, die ich vom Dachboden aus abseilte. Der Vater ist verreist …?
Da sind die Fotos aus dem Kellergang, wo er Kunstdrucke in einem Regal lagerte, und die Anfangsbuchstaben der Künstler an die Wand schrieb, mit orangefarbener Kreide. Jetzt, nachdem das Regal leergeräumt und abgebaut ist, tauchen die Buchstaben wieder auf. Systematisierungsversuche, die durch das Sammeln und das Material selbst verdeckt wurden.
Weiter komme ich, im Ordner „Diverse“, wo ich alle abgespeichert habe, die zu sortieren ich noch keine Zeit hatte, auf die vielen Fotos von den Versuchen, noch während des Aussortierens Bücher zu dokumentieren, u.a. die mit seinem Namen im Vorsatz/Titel. Das erscheint mir jetzt am besten. Ich werde das morgen machen.
Abends auf der Eröffnung/Einweihung von Albert Hiens Kunst-am-Bau-Arbeit “CARPE DIEM” im Oskar-von-Miller-Gymnasium in München. Im großen Treppenhaus eines Uhrenturms am verkleideten Geländer: Buchstaben, Wörter laufen von oben nach unten, überlagern und wiederholen sich, Lateinische Sprüche, die mit Zeit zu tun haben (TEMPUS FUGIT, VITA BREVIS, ARS LONGA, CARPE DIEM, wie es als Mosaik unten am Eingang auftaucht …). Dieses ephemere Aufleuchten passt schon sehr gut zum Thema Zeit und zum Raum. Und Lichtinstallationen sind unglaublich fotogen. Vielleicht, weil Fotografie ja selbst auf Lichteinfall reagiert.
Anschließend zur Finissage der Ausstellung “What is life” von Sebastian Pöllmann in der Artothek. Sebastian kenne ich schon über 20 Jahre, in den letzen Jahren haben wir uns etwas aus den Augen verloren, zwischen Berlin und München, und darum freut es mich, noch seine Arbeiten zu sehen. Zeichnungen, schnell, spontan, witzig. Dann digitalisiert und als Lasercuts ausgeschnitten, aufgehängt, als sich drehende Schattenspiele an die Wand projiziert, was Überlagerungen, Verzerrungen, neue Bilder ergibt. Alltagssituationen, Warten, Radfahren, sich lieben. Lustbetont. “What is life“ als Titel. Ja, das frage ich mich auch oft.
Aktivierung Salvatorplatz — Denkmal für die Familie Mann

Der Salvatorplatz München, wo das Denkmal für die Familie Mann aufgestellt werden soll, wird schon mal “vorgewärmt” und aktiviert: Schüler des Thomas-Mann-Gymnasiums erkundeten am 6.3.24 physisch den Platz, sie bildeten dort u.a. eine lebendige Kette um die Fläche, auf der Straßenschilder und Leuchten in Erinnerung an die Mitglieder der Familie Mann stehen werden. Und das bei Regen! Die Aktion ist Teil eines Programms zur Kunstvermittlung von Kunst im öffentlichen Raum an Schulen, geleitet von Barbara Dabanoğlu.
Foto: Jadranka Kosorcic
„SPRECHEN SIE RUSSISCH“, 1975/2001/2024
Beim Aufräumen fiel mir im Schlafzimmer ein Buch in die Hand: zerfleddert, auseinandergefallen, der Rücken hat sich gelöst: „SPRECHEN SIE RUSSISCH“ von S.A. Chawronina. Es war der Tag im Februar 2024, als ich vom Tod Alexander Nawalnys in einem russischen Gefängnis erfuhr. Ich erinnerte mich an die Versuche, Russisch zu lernen – und meine Beziehung zu dieser Sprache.
„„SPRECHEN SIE RUSSISCH“, 1975/2001/2024“ weiterlesenTo-do-Liste

Ein Bild, das nicht schlecht zum Neuen Jahr 2024 passt: eine „leere“ To-Do-Liste, von der nur die Überschrift existiert.
„To-do-Liste“ weiterlesenRückblick — 2023
Hier ein kleiner, persönlich gefärbter Rückblick auf 2023:
„Rückblick — 2023“ weiterlesenWestendstr. 32 — ADAC 1
ADAC 1, 2023
Eine der ersten Installationen dieses Jahr in der Westendstr., mit Material, das mein Vater gesammelt hat, hier mit ADAC-Reisemagazinen.
Kunst – Verein? Oder: „I’d never join a club that would allow a person like me to become a member.“
Hier ein Text zu meinem Verhältnis zu Kunst- bzw. Künstlervereinen, den ich anläßlich der Ausstellung “200 Jahre Sehnsucht — 200 Jahre Kunstverein Bamberg ” und der dazugehörigen Publikation geschrieben habe.
„Kunst – Verein? Oder: „I’d never join a club that would allow a person like me to become a member.““ weiterlesenBücher über Bücher — Miss Read 2023 — Nachlese
In „How to Book in Berlin“, einem kürzlich erschienenen Handbuch zum Bereich „Artist’s Book“ schreibt Andreas Bülhoff, dass man bei einer Künstlerbuchmesse keine zu großen Erwartungen an den Verkauf hegen, statt dessen soviel wie möglich tauschen solle.
„Bücher über Bücher — Miss Read 2023 — Nachlese“ weiterlesenDas Buch des Künstlers als Künstlerbuch
Zum 60-jährigen Bestehen des von Gerhard Theewen gegründeten Salon Verlags erschien ein Band, zu dem ich einen Beitrag geschrieben habe (Eric Otto Frihd (Hg.): Produktion/Reproduktion. Ein Buch für Gerhard Theewen zum 60. und zum 20-jährigen Bestehen seines Salon Verlags, Köln: Walther König 2015, S. 197–205).
Darin geht es vor allem um die Buchreihe der Edition Ex Libris, damit verbunden sind die Themen Besitz und Aneignung, Autorschaft, die Tätigkeit des Künstlers als Verleger und die Frage, was ein Künstlerbuch ausmacht. Dass die Bücher und Editionen des Salon Verlags, darunter auch die Ex Libris-Reihe, seit Sommer 2023 auch über die Zweigstelle Berlin erhältlich sind, war ein Anlass, den Text jetzt hier online zugänglich zu machen.
„Das Buch des Künstlers als Künstlerbuch“ weiterlesenMnemotope: Wolfram — Post — Geranien
Von Antonya C. Wolfram wurde ich kürzlich eingeladen, etwas zu ihrem Projekt “Digital Identity of Memory - Mnemotope” beizutragen, und mit bildlich/ textlich/klanglichen Assoziationen auf Beiträge anderer zu reagieren. Hier der Text:
„Mnemotope: Wolfram — Post — Geranien“ weiterlesenBücher 2022 — Berlin im Dezember

Rückblick auf einige Bücher, getauscht, gekauft, in Berlin im Dezember 2022:
„Bücher 2022 — Berlin im Dezember“ weiterlesenHorst Sauerbruch – Bilder im Gedächtnis

2021 ist Horst Sauerbruch gestorben, Maler und Professor an der Münchner Kunstakademie.
„Horst Sauerbruch – Bilder im Gedächtnis“ weiterlesenSuper BOOKS — Nachlese

Super BOOKS, Messe für Künstlerbücher im Haus der Kunst, ist nach zwei anstrengenden Tagen zu Ende.
„Super BOOKS — Nachlese“ weiterlesenLiteratur ALBERT
Neue Sendungen sind bei mir eingetroffen: Ein Heft von Albert Hien, meinem ehemaligen Professor an der Kunstakademie München, dem ich ein Exemplar meines Künstlerhefts Englisch-Wörter gegeben hatte. Sein kleines schwarzes Heft (A6) passt erstaunlich gut, mit dem aufgeklebtem Titelschild mit der Aufschrift “Literatur”. Dieser Titel, das anspruchsvolle Wort, ist sichtlich im Bemühen um Sauberkeit und Lesbarkeit geschrieben, seine Buchstaben vorneinander abgesetzt, darunter in großen Blockbuchstaben “ALBERT”, eine deutliche Markierung des Verfassers. Die Schrift dabei etwas kindlich.
Der Gedanke liegt nahe, dass Albert Hien als Kind ein Heft zum Thema “Literatur” geführt hat — und diesen Titel später wiederverwendete. Was wohl der Inhalt gewesen sein mag? Jetzt, bei der aktuellen Veröffentlichung, findet sich innen eine Auwahl aus seinen Ideenskizzen und Zeichnungen, die um Wörter und Wortverbindungen kreisen, teils später in Neon-Schriftskulpturen umgesetzt.
Das Heft erschien 2016 zur Ausstellung “papalapap” in der Galerie Walter Storms.
Englisch-Wörter
Recently, I rediscovered a 30-year-old little notebook from English lessons. Some of the words are surprisingly relevant in 2020, on Election Day, when Americans go to the polls: on the first page the word “president”, on the last page “civil rights”, and “trial”.
It’s astonishing what English words I didn’t know at that time, so that I had to write down their German equivalent, for example “ocean” and “follow”.
I’ll make an artistbook from it, one more on the list of Books To Do.
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