23.7.–2.8.2025
BKF — Büro für kuratorische Forschung c/o Galerie Nord | Kunstverein Tiergarten
Journal 13.–17.6.25 — Miss Read 2025 — Nachlese

13.6. Freitag
Bastle an Heften, um sie noch auszudrucken: an dem 75er-Heft, das ich zum Geburtstag von Hubert Kretschmer gemacht hatte; füge neue Bilder hinzu…, das BREDA-Heft.
Im Copy-Planet in der Brunnenstr. Die Ausdrucke sind unbefriedigend, die in Schwarzweiß gehen so, aber die in Farbe bringen es nicht.
Naja, habe so auch genügend Material für die Miss Read. Direkt vom Copyshop dorthin, mit U‑Bahn und Bus.
Meine Nachbarn: Daniela Comani, mit der ich mich verabredet hatte, und auf der anderen Seite der permanent Verlag, mit Andreas Koch! Freut mich. Wir haben alle drei ähnliches Outfit, Schwarze Baseball-Kappen, Brillen, Hemden/T‑Shirts. Daniela schlägt ein Gruppenfoto vor – Carsten Lisecki macht es, der auch vorbeikommt und lange am Stand verweilt.
Es kommen viele: Käthe Kruse, die Daniela gut kennt, Matthias Seidl und Christine Bail von Dr. Julius, Bettina Hutschek, Annette Gilbert …
Die Verkäufe laufen nicht so besonders, ein Books to Do … es ist ruhiger als letztes Jahr – das hängt wohl mit der zeitgleichen Eröffnung der Berlin Biennale zusammen, und dass der Termin jetzt im Juni noch nicht so etabliert ist.
Noch etwas plaudern mit Winnes Winnes Radermächers von Felder Books.
14.6., Samstag
Poste einige der Bilder von gestern.
In die Hansa-Bücherei, Ingo Gerken hat dort bis morgen seine Ausstellung der Buch-Objekte und Fotos. Zur Messe. Heute läuft es ökonomisch besser. Max Parnell kommt, kauft gleich sechs Hefte der Reihe mit Gebärdensprache, um sie in einem Radiosender im Wedding weiterzuverkaufen. Die Zeit vergeht ziemlich schnell.
Kaufe einige Kleinigkeiten, ein Heft „von Hundert“, mit dem Themenschwerpunkt Tod; was mich in Zusammenhang mit meinem Vater immer noch beschäftigt. Ein Buch von Micheal O’Connell aka Mocksim mit Kassenzetteln aus britischen Supermärkten, die immer die Summe „0“ aufweisen. Nicht-Kauf, Nicht-Konsum – finde ich eine schöne Idee. Dann ein Reader mit Texten ukrainischer Kuratorinnen und Kulturschaffender „We who have changed“, der sich mit den Veränderungen befasst, die der Krieg Russlands gegen die Ukraine mit sich gebracht hat.
15.6., Sonntag
Noch einmal in die Hansa-Bücherei, dort ist gerade Andreas Koch, auch vor dem Beginn des heutigen Messetags. Gute Unterhaltung über Architektur des Hansaviertels und künstlerische Verarbeitung der klassisch modernen Architektur; Andreas hat z.B. ein Segment aus dem Dach der Nationalgalerie im Maßstab 1:1 nachgebaut und als Tisch gezeigt. Mit ihm per Rad zum Haus der Kulturen der Welt.
Cornelius Brändle von der Künstlerbuch – und Kleinpressenmesse in Berlin kommt vorbei. Etwas anderes Konzept, als die Miss Read, er aber sehr sympathisch. Kauft ein „Wer ist Albert?“-Heft.
Nehme einiges ein, insgesamt wird es sich auf etwa 270 Euro belaufen – was wohl etwas weniger ist als letztes Jahr und weniger als meine Nachbarn – aber immer noch ganz ordentlich für meine Verhältnisse. Da kann man schon einen Teil re-investieren in Bücher.
Suche nach den Tischen von „Multinational Enterprises“ alias Sveinn Fannar Johannsson und Eric Steinbrecher – sie haben Tische nebeneinander, wie schön! Bei ersterem „Ten Exhibits“ (2018), ein Buch mit einer Sammlung von 10 gesammelten und fotografierten Stücken Toilettenpapier, von Eröffnungen in Galerien, zur Unterstreichung der Museumsqualität mit einem Farbkeil abgelichtet und zusammen mit einem Zitat aus dem Pressetext der jeweiligen Ausstellung – muss ich haben. Die Idee einer Sammlung von WC-Papier(rollen) verfolge ich ja auch seit einiger Zeit, hier ist sie jetzt konsequent umgesetzt. Die Begrenzung des Projekts auf 10 Stationen ist vernünftig, denn sonst könnte es ewig so weitergehen, wie bei mir, mit den Rollen (und Gläsern). Bis ins Detail liebevoll gemacht, bis auf die Haare, die sich auf den Papierstücken finden, — und das letzte Stück sieht so plastisch aus, dass ich es berühre – es ist tatsächlich ein Original, eingeklebt, von Sveinns eigener Ausstellung, als Abschluss.
Aus den Büchern von Eric Steinbrecher wähle ich eins, „Schmierpapier“, auf rotem dünnen Papier, das, wie mir Eric erklärt, von der Produktion eines anderen Buches übriggeblieben war. Die freien, krakeligen Zeichnungen gefallen mir; als ich Eric einen Zehner gebe, steckt er ihn in das nächste Exemplar des Buches – farblich passend. Das koste jetzt 20 Euro, meint er – genial aus dem Moment heraus!
Eines der letzten Bücher, die ich erwerbe, ist von Claudia de la Torre – Side A. Als Material/Vorlage diente ein Science Fiction-Roman. Bin ganz glücklich, als ich es mitnehme.
Die Zeit vergeht doch wieder schnell, mit weiteren Ausflügen an andere Tische. Um 19 Uhr ist die Messe zu Ende, beim Gongschlag Klatschen für die Veranstalter – eine verdiente Geste, die mir dieses Jahr neu vorkommt.
Beim Aufräumen nutze ich die Gelegenheit, um meine Bücher und die gesammelten auf den Garderobentischen auszubreiten und zu fotografieren. Es kauft noch jemand von einem anderen Tisch ein Heft, froh, dass ich noch da bin. Sebastian Klug kommt auch noch; ich habe ihn bei seiner Installation im Klohäuschen kennengelernt; sieht sich Bücher an, kauft „deposito provvisorio“. Ein schöner Ausklang. Packe die Sachen in den Koffer, diesen aufs Rad, nach Hause in die Osloerstr. Gehe nicht mehr aus, sehr müde, schaffe es kaum, noch ein paar Bücher anzuschauen, schlafe bald ein.
Mo, 16.6.25
Auf dem Brunch nach der Miss Read, in der Gerichtstr. Gute Unterhaltung mit Ayumi Rahn, mit Winnes, mit Verlegern aus Mexiko. Gut, das Wochenende noch ausklingen zu lassen – nachdem alle Bücher weggeräumt sind.Schreibe mit beim Parallelprotokoll „Hausnummer“, Treffen an der Ecke Anklamer-Brunnenstr. Vor dem Café sehe ich Christoph Brucker sitzen, den ich vom Tischtennis bei Andreas Koch her kenne, mit Barett und ein Glas Weißwein vor sich, ganz bohemehaft. Er hat den Laden „Nutz und Zier“ in der Brunnenstr, für Möbel und Vintage-Objekte.
Mit dem Rad nach Pankow, Eröffnung von SPINORAMA, von Aslak Gurholt, der Bücher mit verschiedenen Gestaltungen und Konzepten von Buchrücken gesammelt, kategorisiert hat und jetzt im einBuch.haus zeigt.
Danach zum Tischtennis in der Kastanienallee, bei Andreas Koch. Es geht im Gespräch viel um das Thema „Sammlung“. Dort auch Tom Biber, der selbst viel Kunst und Bücher gesammelt hat und auch ein Antiquariat betrieb. Würde mich interessieren, ihn zu besuchen.
Di, 17.6.25
Schlaf bis 9 Uhr. Noch fertig von der Miss Read. Morgens Schwitzen, wilde Träume – die ich aufschreiben möchte, mich aber schon einige Stunden später nicht mehr an sie erinnere.
Am DB-Schalter Gesundbrunnen meint der Angestellte, dass mein Name ihm etwas sage; was mich erstaunt und freut. Es sei ein Filmemacher. In der Tat, Matthias Coers heißt ein Filmer, der viel mit sozialem Bezug (Mietmodelle …) gedreht hat, wie ich später nachschaue.
In den Büchern und Zeitschriften, die ich gekauft und getauscht habe. Besonders freut mich „Side A“ von Claudia de la Torre, mit schwarzen Dreiecken, die man auch als Eselsohren/Knicke im Buch lesen kann. Sie deuten mit einer Spitze immer auf ein Wort auf der Seite „finde“ „emotions“; sind schon eine minimalistisch-poetische Komposition, und in der Abfolge so angeordnet, dass sie einen neuen zusammenhängenden Text ergeben. C’est genial!
Ähnlich minimalistisch ist das kleine Büchlein „Tea Ceremony“, von der Happy Potato Press, das ich im einBuch.Haus gekauft habe, als gewissermaßen letzte Erwerbung der Messe. Es besteht immer aus zwei Wörtern /Begriffen, die eingepasst sind in die Silhouette einer Teetasse, eines in der Fläche des Tees, das andere darunter auf der Tasse. Die Flächen sind unterschiedlich groß, erinnern an die Grafiken aus der Mengenleere, und man kann sich Gedanken über das Verhältnis der Worte zueinander machen. Ist z.B. die „Ceremony“ wichtiger als ihr Anlass „Tea“? Oder das Verhältnis zwischen „also“ und „everything“?
In der „Zeitschrift“, von Alexander Wolff herausgegeben, mit einer Type, aus Helvetica und Times gebastelten Schrift, mit einem sehr witzigem Editorial. Anti-Trump-Proteste; sehr aktuell. Dann sehe ich erst, dass es eine Ausgabe schon von 2017 ist. Wieder der Eindruck und die Frage: hat sich so wenig geändert? Immer noch Trump, stärker im Sattel als je.
Miss Read, Art Book Fair & Festival, HKW, Berlin, 2025
Die Gelben Seiten, Berlin
4. KHB Buchmesse | Artist Book Fair, KHB Studios, Berlin
Experimente mit (Un-)Ordnung #25 @KHB_studios, Berlin
“… and going on.” the drj 100th — a mail art project, dr. julius art projects, Berlin
między nami fotografia – zwischen uns Fotografie, ep.contemporary, Berlin
info on books, Café Babette
10.–13.1.25 — Journal
10.1., Montag
Unruhiger Schlaf, trotz der Müdigkeit: Die Tropfen von Regen und schmelzendem Schnee fallen laut auf die blechernen Abdeckungen der Fensterbretter, und das nicht regelmäßig-beruhigend, sondern enervierend.
Viele wilde Träume – die nach dem Aufwachen aber zerrinnen. In einen großen leeren Raum fährt auf einem Rollstuhl ein blinder Mann, der als Helfer, als Retter auftreten soll. Er breitet die Arme weit aus.
Vorbereitungen zur Parisreise, auch sprachlich. Versuche den Leuten auf Französisch zu schreiben, um mich zu üben, und auch
Le matin, après, je essaye du continuer où je ai laissé le travail le jour dernier. Comment l’usage du accent aigu ou grave pour moi n’est pas clair, je fais une recherche. J’ai étudié l’usage – mais ça sera plus un chose de s’entraîner que de en savoir.
Am Nachmittag bei der Präsentation der Künstlerbücher aus der Sammlung Marzona mit (wieder selbstverursachten) Hindernissen: Denke zuerst, es sei im Hamburger Bahnhof und radle da eilig hin doch da wissen sie nichts, dann schnell weiter zur Nationalgalerie, mit dem Rad durch den Tiergarten, voller Pfützen.
Aber lohnt sich dann: sehr intensive, konzentrierte Zeit, Michael Lailach und Kollegin von der Kunstbibliothek stellen Bücher von Hans Peter Feldmann, Boltanski u.a. vor. Dabei sind Ideen für Bilderserien, die ich auch schon hatte: etwa zerwühlte Betten morgens. Also: besser nachsehen, ob es die Idee nicht schon gibt – oder versuchen, sie anders zu machen. Das Interview-Buch mit Hans Ulrich Obrist, bei dem er auf eine Frage nonverbal antwortet, mit einem Bild – köstlich. Dass Boltanski so einen faible für Karl Valentin hatte, auch viel Komisches gemacht hat, etwa die Serie mit den fake-Selbstmorden — wußte ich nicht.
Viele bekannte Gesichter im Publikum: Erik Steinbrecher, Stefan Römer, Adib Fricke, Knut Ebeling mit Partnerin, Hanna Hennenkemper, die Professorin an der Kunstakademie Stuttgart ist; teils musste ich erst die Namen wieder hervorsuchen.
Dann, schon einmal in der Nationalgalerie, noch in der Nan Goldin-Ausstellung. Es sind eigentlich Filme, die gezeigt werden, bzw. Dia-Shows, mit Musik oder gesprochenem Kommentar, z.T. Projektionen auf mehreren Bildschirmen, in aufwendig gebauten Kinosälen/Pavillons. Vor allem der über ihre Schwester Betty, die mit 20 Selbstmord begangen hat, ist schon sehr berührend. Da haben manche Zuschauer Tränen in den Augen (ich eingeschlossen).
Auf dem Rückweg in den Wedding noch in der Perlebergerstr. vorbei, Aussstellung beim Art-Lab, mit dabei: Pfelder und Simone Zaugg mit einem Video.
Kalt, auf dem Rad.
11.1. Samstag
Schicke die Vorschläge für den Beitrag im Salon-Magazin endlich an Gerhard Theewen.
(Aufschriften aus dem Keller in DLG, Objekte mit Schild “Bitte nicht berühren”).
Nachmittags Kette von zumeist kurzen Stopps: zunächst zu einem Copyshop in der Perleberger, dann zu ep.contemporary, die dortige Gruppenausstellung ansehen, “you are invited . du bist eingeladen”. Treffe dort den Neuzugang in der Gruppe, FD Schlemme, der den Raum links bespielt mit Plastiken. Gutes Zusammenspiel, mein Eindruck. Er ist in Berlin geboren, wie sich im Gespräch herausstellt, eine der wenigen Personen, die kenne und auf die das zutrifft.
Kurz zum nahen HAUNT/frontviews, noch in einen Copyshop am Ernst-Reuter-Platz, einen Ausweis laminieren lassen.
Zum Miss-Read-Talk im Wedding. Laufe vom Leopoldplatz aus erstmal eine Runde, bis ich wieder in die Gerichtstr. finde. Viele Leute. Antonia Hirsch stellt ihre Monograhie vor, zugleich Künstlerbuch . Da gibt es manche gemeinsame Interessen, u.a. das für Indices: ein aufwendiger interpretierender/kommentierender ist bewusst in die Mitte des Buches gesetzt, neonrot gedruckt hebt er sich auch im Schnitt als zentral markiert ab. Ihn hat eine professionelle Indexspezialistin erstellt, auf Empfehlung von Dennis Duncan, wie ich später erfahre!
Interessant sprachliche Aspekte: das Gespräch ist auf Englisch (vielleicht deshalb auch so viele Teilnehmer?); Antonia führt es mit Gill Partington, Buchwissenschaftlerin, die ein sehr schönes britisches Englisch spricht. Bei Antonia, die perfekt ein amerikanisch/kanadisch gefärbtes Englisch spricht, merkt man erst bei einigen deutschen Ausdrücken (Nachlass, Staffelung), dass sie keine englische Muttersprachlerin ist.
Jayne Wilkinson, Publizistin und Lektorin, blättert im Buch, das per Smartphone gefilmt und dann projiziert wird – gute Art der Präsentation.
Kaufe ein Exemplar. Danach in eine Pizzeria in der Gerichtstr, “Sotto”. Michalis, Annette Gilbert, Gill , Jayne, Antonia mit Partner. Nette Runde. Das fehlt mir sonst häufig nach Veranstaltungen. Auch Annette G. ist eine gebürtige Berlinerin, Ost.
In Roland Barthes “Journal du deuil”. Es wird spät.
12.1. Sonntag
An den E‑mail-Einladungen zum Geburtstag; bis da der kleine Text zum Thema “Zeit” geschrieben, das Bild herausgesucht und eingefügt ist, das mit den drei Uhren, dauert es doch etwas.
Nationalgalerie, noch einmal in der Künstlerbuchausstellung. Ohne Führung und ohne Innenansicht der Bücher ist sie freilich weniger interessant; auch die Filme, in denen die Bücher durchgeblättert werden, vermitteln sie nur bedingt.
Zur Finissage der Ausstellung Anonyme Zeichner. im Kunstraum Kreuzberg. Treffe Bettina Huschek, zeige ihr meine Zeichnung. Ihre Arbeit ist verkauft worden, es war eine Schreibmaschinenzeichnung, mit Klammern, die nach unten hin sich auflösen, wegbröseln. Sie muss dann weiter, fliegt noch nach Malta. Hätte mir den Aufenthalt in der Neuen Nationalgalerie sparen oder früher dorthin sollen; Jetzt habe ich Leute verpasst, mit denen ich mich locker verabredet hatte, oder die Zeit mit ihnen ist knapp.
Kaufe schließlich noch eine Zeichnung, die von Isabelle Dyckerhoff. Diesmal geht die Abwicklung glatt vor sich, anders als beim letzten Mal, als mir “der Saft ausging”. 250 € für eine derart dichte Zeichnung, das ist eigentlich nicht viel.
Treffe noch einen Bekannten, Jakob Kirchheim, mit ihm durch die Ausstellung. Er hat hier einen Film in der Sektion “lines of fiction”. Eine Filmregisseurin befragt uns über Zeichentechniken.
Danach zurück nach Hause.
Um 23.35 Zug nach Mannheim, weiter nach Paris. Habe mir fest vorgenommen, rechtzeitig loszugehen; doch dann wird es wieder knapp: bis alles abgespült und aufgeräumt ist, alles gepackt und angezogen; in der U‑Bahn fahre ich, unkonzentriert und auf das Handy schauend, in die falsche Richtung, wieder aussteigen und retour, bis Gesundbrunnen; der Regionalzug von dort bis zum Hauptbahnhof fährt erst mit 15 Minuten Abstand, ließe mir nur 3 Minuten zum Umsteigen – sehr wenig. Nehme ein Taxi, die Fahrtdauer unter 10 Minuten.
Glücklich im Zug.
12 + 12 = 24 — Being with Others — Zusammensein, einBuch.haus, Berlin
Bauklötze, Calendar 2025
Bauklötze [toy blocks], Photo, 2023
in: Calendar 2025, einBuch.haus 2024
ANONYME ZEICHNER / ANONYMOUS DRAWINGS 2024, Kunstraum Kreuzberg, Berlin
Miss Read, Art Book Fair & Festival, HKW, Berlin
Länderkennzeichen / Country Symbols, 3rd edition






Albert Coers stieß in einer Bibliothek auf ein 1985 in Ostberlin erschienenes Wörterbuch der Gebärdensprache Gehörloser. Die Präsenz der Darsteller und die Umsetzung von so komplexen Begriffen wie Nationen in piktogrammartige Zeichen übten einen starken Reiz aus. Aus diesem Buch wählte Albert Coers die Wörter für Länder aus und fügte sie unter Beibehaltung der alphabetischen Reihenfolge zu einem Künstlerbuch zusammen.
Begleitet wird es durch einen Text von Albert Coers zur Recherche und zu den Wörtern und deren möglichen Etymologien, auf Deutsch und Englisch.
2024 ist die 3. Auflage erschienen, erweitert auf 52 Seiten, ergänzt durch die Bildwörter der Kontinente, Afrika, Europa, Asien.
14,8 x 10,5 cm, 52 Seiten, Auflage 200,
Texte Englisch und Deutsch, Übersetzung: Oliver Walker; Drahtheftung
So-viele.de, Heft 44–3, icon Verlag Hubert Kretschmer
ISBN 978–3‑928804–52‑3
basiert auf: Lehr- und Übungsbuch der Gebärden Gehörloser, hrsg. von Gehörlosen- und Schwerhörigen-Verband der DDR, VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin, 1985
1. Auflage 2016, 36 Seiten, Auflage 500
erschienen anläßlich von super urban village, 10 Kunstprojekte im öffentlichen Raum zum Thema Flucht und Identität, 3.–19. Juni 2016, im Rahmen des Kunstfestivals Ortstermin 2016, Kunstverein Tiergarten, Berlin, kuratiert von Christian Hamm
2. Auflage 2016, 48 Seiten, Auflage 200,
erschienen anlässlich der Ausstellung The Order Of Things
Albert Coers, Mia Goyette, Christine Lemke, 05.11.–17.12.2016, Galerie Soy Capitán, Berlin-Kreuzberg
Country Symbols
In a public library, Albert Coers found a manual for teaching sign language, published in 1985 in East Berlin. He was smitten by the presence of the persons that featured in the pictures and the translation of complex concepts like nations in pictogram-like words. From this book, he selected the words for countrys and nation, keeping the alphabetical order, and arranged them for an artist book.
The book is accompaigned by a text about the research, the words and their possible etmologies.
In 2024, the 3rd edition came out, enlarged by the image-words for continents, Africa, Europe, Asia.
14.8 x 10.5 cm, 52 pages, edition of 200, Texts in English and German, translation: Oliver Walker; wire binding
So-viele.de, issue 44–3, icon Verlag Hubert Kretschmer, Munich 2024
ISBN 978–3‑928804–52‑3
based on: Textbook and exercise book for the sign language of the deaf, published by the Association of the Deaf and Hard of Hearing of the GDR, VEB Verlag Volk und Gesundheit, Berlin, 1985
1st edition 2016, 36 pages, edition of 500 published on the occasion of super urban village, 10 art projects in public spaces on the topic of flight and identity, 3rd — 19th. June 2016, as part of the art festival Ortstermin 2016, Kunstverein Tiergarten, Berlin, curated by Christian Hamm
2nd edition 2016, 48 pages, edition of 200, published on the occasion of the exhibition The Order Of Things Albert Coers, Mia Goyette, Christine Lemke, 05.11.–17.12.2016, Galerie Soy Capitán, Berlin-Kreuzberg
RE:VISION – 20 Jahre Kunstverein Tiergarten, Berlin
Journal Berlin-Warschau
4.8.24, Sonntag
Am Vortag der Abfahrt nach Warschau noch einmal Museumstag — und unerwartete Einstimmung auf die Reise nach Osteuropa durch einen Aufenthalt im Berliner Osten: Nachdem die Caspar-David-Friedrich-Ausstellung in der Alten Nationalgalerie überfüllt ist (letzer Tag und kostenloser Museums-Sonntag), zum Stasi-Museum in Lichtenberg. Dort war ich noch nie.

Original-Architektur, mit dem pavillonartig überbauten Eingangsbereich aus ornamentalen Betonelementen – die, wie man später erfährt, nicht zuletzt der Abschirmung der Ankommenden gegen Blicke dienten. Sehr viel auch von der Möblierung noch im bauzeitlichen Zustand der 1950er/60er Jahre. Das Haus wird so gleichzeitig zum Architektur- und Designmuseum und übt so einen – ungeplanten – Reiz aus. Da wäre interessant, inwiefern sich das Ost-Design sich vom zeitgleichen im Westen unterschied, oder ab wann sich da ein eigener Stil entwickelte. Vielleicht noch mehr Hang zum Konstruktiven, Geradlinigen, während es im „Westen“ eher runde, geschwungene Formen waren, siehe die Nierentische etc. Funktionale Elemente neben repräsentativen, z.B. Schiebewände, gestaffelt hintereinander, für die Präsentation von Landkarten. Wuchtige Sessel, mit leuchtend blauen Bezügen, in denen man sich die MfS-Funktionäre bei ihren Sitzungen gut vorstellen kann.
Obwohl man bereits viel weiß: Der Umfang der Bürokratisierung, Katalogisierung, Archivierung der Beobachtungen und Unterlagen über die Observierten doch ganz erstaunlich, v.a. im Stasi-Unterlagen-Archiv gegenüber. Ausstellung über Betroffene, z.B. Gilbert Radulovic, einen damaligen Jugendlichen, der Kontakt zur Anarcho- und Punk-Szene hatte, ein Heftchen zusammenstellte, und massive Probleme bis zur Gefängnishaft bekam.

Einzelne Objekte, z.B. die drehbaren Aktenschränke mit Karteikarten, die an die mittelalterlichen Buchmühlen erinnern; eine Sammlung von Postkarten, die abgefangen und einbehalten wurden – mit herausgeschnittenen und somit separat gesammelten Briefmarken!
Blick ins Gästebuch: Der allgemeine Kommentar „sehr schön!“ fordert eine kritische Replik heraus: „Wo ist da eine Schönheit zu sehen?“

Kontinuitäten der Stasi mit dem russisch/sowjetischen Geheimdienst, auch in der Bezeichnung „Tschekist“ für die Mitarbeiter, v.a. in den 50er-70er Jahren. Insofern gute Einstimmung auf die Reise weiter nach Osten, nach Polen und Litauen, wo ähnliche Überwachung und Drangsalierung herrschte.
Ins Palais Populaire und den Hamburger Bahnhof. Dort nochmal in der Ausstellung von Alexandra Pirici. Diesmal sind Performerinnen aktiv; den Gesang finde ich gut, da er so beiläufig daherkommt; das Rieselnlassen von Sand durch die Hände auch, da sehr einfach. Das Herunterrollen vom Sandhügel hat dagegen schon mehr Theatralisches.
Buchhandlung König. Katalog von Claudia Wieser liegt aus, wie ich neidisch feststelle. Kaufe einen Band von Roland Barthes „Mythen des Alltags“, für die Zugfahrten, die uns erwarten. Schon beim Hineinlesen springen die Thesen und geistreichen Beobachungen einem nur so entgegen.
5.8. Montag
Sehr früh auf, bereits um 3.30. Trotzdem durchzuckt mich beim Läuten des Weckers Erinnerung an angenehmen Traum. Fahrt nach Warschau mit zahlreichen Zwischenstationen, da aus irgendwelchen Gründen keine Direktverbindung möglich ist: Tram von der Osloerstr. zur Warschauerstr., dann S‑Bahn nach Erkner (mit nervös flirrender defekter Anzeigentafel), Regionalzug nach Frankfurt/Oder, von dort aus endlich EC. Ankunft gegen 11.30.
Hotel Tiffi, zentral in der Altstadt, gegenüber der alten Universität, neben der Kunstakademie und einer gutsortierten Buchhandlung. Über die Lage hinaus großzügige Räume. Mit der Einrichtung lässt sich sofort spielen, sie bietet Möglichkeiten anzudocken: die Socken kann man auf einen Lampenschirm zum Lüften legen; die Kleider verteilen. Das Bügelbrett, das sich im Schrank aufgehängt findet, hat skulpturale Qualitäten, erinnert an einen Stele mit Maske. Eine Landkarte von Polen lässt sich per Kleiderbügel (mit Klammern unten) über den Bildschirm hängen. Das Hotelzimmer als Atelierraum, als Fundus, mit dem man, in dem man arbeiten kann.

Zu einem der vorgemerkten Hauptziele, dem neueröffneten Museum POLIN, hinter dem Denkmal für Kämpfer des Warschauer Aufstandes.
Wir sind lange im Museum, bis zur Schließung um 18 Uhr. Es gibt sehr viel zu sehen, zu lesen und zu entdecken, angefangen von der Geschichte der Juden (und damit auch Osteuropas und Polens insgesamt) im Mittelalter über die Neuzeit bis immer näher zur Gegenwart mit den zionistischen Bestrebungen in den 1920ern – und dann, sehr plötzlich, dem Angriff der Deutschen, dem Holokaust.
Zufällig sind wir wieder Anfang August hier, zu den Jahrestagen des Warschauer Aufstands. Überall rot-weiße Binden mit den Farben Polens, Rot-Weiß, so auch am Denkmal. Überall Gedenktafeln, davor Kerzen und Blumen.
Ich fange dann an, in der ganzen Stadt Rot-Weiß zu sehen, auch in den Stoppschildern, den Baustellenabsperrungen, den Schildern mit „Durchfahrt verboten“. Es ließe sich eine Fotoserie mit dem Thema „Rot-Weiß“ machen.

Sehe auf dem Rückweg zum Hotel auch ein Absperrband in Blau-Weiß, mit der Aufschrift „POLICJA“, zwischen einer Hofeinfahrt und einem Parkautomaten über den Gehweg gespannt. So eines habe ich mal in Rom gesehen, in Trastevere, mit der entsprechenden Aufschrift “POLIZIA” und etwas davon mitgenommen. Hier reizt es mich auch, zumal es etwas Verbotenes hat — bei nur geringem Eingriff in den öffentlichen Raum.
Im Hotel mache ich damit eine Serie von Installationen, angefangen mit dem Spiegel, über den ich es quer spanne, bis zum Bett, zur Dusche, die ich so absperre, zum Tatort werden lasse.
Allzuviel Zeit habe ich nicht für die Installationen, was aber auch gut ist, da so das temporäre Moment erhalten bleibt.
Wir sind nur eine Nacht hier, morgen soll es weiter nach Bialystok gehen.
MISS READ TALKS: Books to Do
3. KHB Buchmesse | Artist Book Fair 2024
A4, ep.contemporary, Berlin
20.04. – 04.05.2024
ep.contemporary, Berlin
Scaletta (Osloer)
Scaletta (Osloer), 2024, Installation, “Zwischen Licht und Materie — vom Erscheinen und Verschwinden”, Kunstverein Tiergarten, Berlin
„Scaletta (Osloer)“ weiterlesenScaletta (Ewald)
Scaletta (Ewald), 2024, Installation, “Zwischen Licht und Materie — vom Erscheinen und Verschwinden”, Kunstverein Tiergarten, Berlin
„Scaletta (Ewald)“ weiterlesenIndice KVT, 2024
Indice, 2024, Installation, 220 x 190 cm, 25 Kartonstreifen, je 3 x 20 x 0,2 cm
“Zwischen Licht und Materie — vom Erscheinen und Verschwinden”, Kunstverein Tiergarten, Berlin
Zwischen Licht und Materie – vom Erscheinen und Verschwinden, Kunstverein Tiergarten, Berlin
Rückblick — 2023
Hier ein kleiner, persönlich gefärbter Rückblick auf 2023:
„Rückblick — 2023“ weiterlesenARTISTS WHO DO BOOKS — IN THE RACK ROOM #29, Berlin
Bücher über Bücher — Miss Read 2023 — Nachlese
In „How to Book in Berlin“, einem kürzlich erschienenen Handbuch zum Bereich „Artist’s Book“ schreibt Andreas Bülhoff, dass man bei einer Künstlerbuchmesse keine zu großen Erwartungen an den Verkauf hegen, statt dessen soviel wie möglich tauschen solle.
„Bücher über Bücher — Miss Read 2023 — Nachlese“ weiterlesenA4, ep.contemporary, Berlin
14. – 17. 9. 2023 (Art Week)
ep.contemporary, Berlin
SHORTCUT II, Fotoforum Dresden
Books to Do, Booklaunch, einBuch.haus, Berlin
naturally, ep.contemporary, Berlin
übernatur, ep.contemporary, Berlin
Info on Books, Café Babette, Berlin
Bücher 2022 — Berlin im Dezember

Rückblick auf einige Bücher, getauscht, gekauft, in Berlin im Dezember 2022:
„Bücher 2022 — Berlin im Dezember“ weiterlesenbin, 2022
Installation, ca. 40 x 60 x 75 cm
29.10. – 10.12.2022
Vincenz Sala, Berlin
books, Vincenz Sala, Berlin
29.10. – 26.11.2022 (extended 10.12.22)
Vincenz Sala, Berlin
ERDE.SUCHT., Gisela, Freier Kunstraum Lichtenberg, Berlin
„I’m grateful, Albert“, 2022
SHORTCUT, ep.contemporary, Berlin
MISS READ: Berlin Art Book Festival 2022
Curitiba #5, FREE SPACE (FOR UKR), LAGE EGAL, Berlin
Info on Books, Café Babette, Sudhaus, KINDL – Zentrum für Kunst, Berlin
Out now: Sacred Distancing, Argobooks
12 + 12, ep.contemporary, Berlin
03.12.2021 – 12.02.2022
ep.contemporary, Berlin
Domestic Space | Domagk Edition 2, Zweigstelle Berlin
26.11.- 29.11.2021
Zweigstelle Berlin @DomagkAteliers, halle 50, München
COMING SOON, ep.contemporary, Berlin
23.09. – 23.10.2021
ep.contemporary, Berlin
Kleine Bibliotheksgeschichte, 2021

Kleine Bibliotheksgeschichte, 2021, 18 x 15 x 7 cm
Yellow Press, ep.contemporary, Berlin, 2021
books, Galerie Vincenz Sala, Berlin, 2022
Yellow Press, ep.contemporary, Berlin
“Wer ist Albert?” — Artist’s Book, 2021
Bücher, Riegel, Bildungsbürger – und die Familie Mann. E‑Mail-Dialog Jörg Scheller – Albert Coers, 2020
E‑Mail-Wechsel zwischen Jörg Scheller, Kunstwissenschaftler, Journalist, Musiker und Albert Coers, Mai ‑September 2020.
MehrCores (Curitiba #4) — inside:OUT Part I
BOOKS TO DO, A—Z, Berlin, 2021
BOOKS TO DO, A—Z, Berlin
21.1.21 — 17.2.21
Gasteig-Encounters, 2020
English
Mit Albert Coers: Gasteig-Encounters erscheint ein Künstlerheft zu JAJA NEINNEIN VIELLEICHT, 15. RischArt_Projekt, im Gasteig München. Coers kombiniert in der Publikation Fotos der postmodernen Architektur des Kulturzentrums mit Bildern aus einem Wörterbuch der Gebärdensprache, erschienen in Ostberlin 1985, zeitgleich zur Eröffnung des Gasteig.
„Gasteig-Encounters, 2020“ weiterlesenSTRASSEN NAMEN LEUCHTEN – ein Denkmal für die Manns, 6.6.2020, Literaturforum Brecht-Haus Berlin
FRIENDS WITH BOOKS, Art Book Fair, Berlin

20.- 22.9.2019
Hamburger Bahnhof – Museum für Gegenwart – Berlin
www.friendswithbooks.org
RIEGEL, Baeckerei, Berlin
12.4. — 7.6.2019
Baeckerei, Berlin
Domestic Space | Domagk Edition, zweigstelle Berlin

18.- 25.11.2018
DomagkAteliers, Halle 50, München
DU KANNST MEHR ALS DU DENKST, 2018

DU KANNST MEHR ALS DU DENKST, 2018, Video, 2:58 min
„DU KANNST MEHR ALS DU DENKST, 2018“ weiterlesenGarten, Bilder, Zug
Eine Ausstellung in Berlin lebender Künstler in Zug. Wobei viele der„Berliner“ aus der Schweiz, aus Zug selbst stammen. Und andere von woandersher, z.B. wie ich aus Süddeutschland. Also eine Ausstellung, wo verschiedene Identitäten schon von den Teilnehmern mitgebracht werden, der Ortsbezug aber eine Rolle spielt. In einer Stadt, die Reisetätigkeit bereits in ihrem Namen beinhaltet. Was läge näher, als mit dem entsprechenden Verkehrsmittel anzureisen? Das Spiel mit Identitäten und Namen gab dann auch den Ausschlag für die Wahl des Bildmaterials, zusammen mit dem Ausstellungstitel „Secret Garden“ und dem Ort, einem Gartenhaus und –grundstück, am Rande von Zug.
Es erschien naheliegend, mit Bildern aus einem 1985 eben in Berlin (Ost) erschienen Wörterbuch der Gebärdensprache Gehörloser zu arbeiten. Darstellung von Länderidentitäten hatte ich 2016 in Berlin-Moabit im öffentlichen Raum und in der Galerie Soy Capitán gezeigt.
Secret Garden bot Gelegenheit, das Bildmaterial neu zu durchforsten, Zusammenhänge herzustellen, die zunächst kryptischen, reproduzierten Bilder der Gebärdensprache mit der Gegenwart des Gartens und der Stadt zu konfrontieren, sie in ihrer Anordnung nach dem ABC, die der Systematik des Wörterbuches folgt, als eine Art zeichenhafte Wegstrecke hin zum „realen“ Garten am Lüssiweg zu platzieren.
Das Bildmaterial schien auch geeignet, da ein implizites Thema der Ausstellung ja die Überwindung von Grenzen/Barrieren ist: Berlin und Zug liegen zwar im deutschen Sprachraum, aber weit entfernt in unterschiedlichen Ländern, sind auch hinsichtlich Größe, Geschichte, sozialer und ökonomischer Struktur, Bevölkerung, Sprache sehr verschieden. Generell wird von Kunst und Bildern ja gerne erwartet, dass sie Grenzen überwinden. Da schien es interessant, eine Bildersprache zu wählen, die einerseits genau die Überwindung von (sprachlichen) Grenzen verheißt und ermöglicht, andererseits aber auch Grenzen von Kommunikation aufzeigt und damit die Erwartung ein Stück weit unterläuft, durchaus im Sinn des nicht Eindeutigen, allgemein Verständlichen, sondern des Abgegrenzt-Partikularen, das ja in „Secret“ (abgeschieden, geheimnisvoll) steckt. Denn die Gebärdensprache stellt man sich, da es sich ja um eine visuelle Sprache handelt, als genuin international und überall verständlich vor, als eine Art Esperanto, so, wie man sich eben in einem fremden Land, „mit Händen und Füßen“ verständigt. Aber wenn es auch eine internationale Gebärdensprache gibt und Angehörige verschiedener Nationen sich relativ schnell verständigen können, so ist dieser Code doch national und regional sehr ausdifferenziert: Es gibt wie bei gesprochenen Sprachen Dialekte, so etwa eine nord- und eine süddeutsche Variante, und auch kommunale Ausprägungen. Dass ein Berliner und ein Zuger sich problemlos verständigen könnten, ist also unwahrscheinlich. Auch verändert sich die Sprache laufend, je nach sozialer Übereinkunft, wie man etwa am Beispiel ‚Frau’ sehen kann: Da gibt es die Variante mit Andeutung eines Busens, die von den meisten Sprechern als zu offensichtlich auf körperliche Geschlechtsmerkmale bezogen nicht mehr verwendet wird, dann das Greifen zum Ohrläppchen, um Weiblichkeit durch Tragen von Ohrringen auszudrücken, worin sich natürlich auch Stereotype verbergen, schließlich eine noch neutralere Gebärde, ein Wischen mit dem Daumen über die Wange, die bei Sprechern in Süddeutschland die meistgebräuchliche scheint.
Das Bildmaterial des über 30 Jahre alten Lehrbuchs aus Ostberlin gefiel mir gerade wegen seines Kontrastes zur Bildsprache der Gegenwart und seiner ikonischen Qualitäten: Die Darsteller scheinen durch die Wiedergabe in körnigem, oft kontrastreichen Schwarz-Weiß, nach Kleidung und Frisur tatsächlich aus einer ganz anderen, weit zurückliegenden Zeit zu stammen, entfalten aber erstaunliche Präsenz in den knappen, häufig symmetrischen Bildausschnitten, mit ihren Blicken und konzentriert-zeichenhaften Gebärden, nicht zuletzt durch die Einfügung von Bewegungspfeilen, die sie in die Nähe von Piktogrammen und Verkehrszeichen rücken.
Interessant ist dabei, wie Begriffe aus der Botanik visualisiert werden: Manchmal ist es die Andeutung der Form und Größe, häufig jedoch eine Handlung, die mit und an der Pflanze vollzogen wird, etwa durch den Akt des Essens, die Kirsche durch den des Ans-Ohr-Hängens, als Schmuck.
Die Gebärden sind prägnant, doch beim Blättern im Buch fielen einige ähnliche oder gar identische Gebärden auf, die jenseits des Gartenthemas in ganz andere Bereiche führten. Ähnlich wie in einem Projekt mit botanischen Buchtiteln bzw. Autornamen (Biblioteca Botanica, 2006, mit Namen wie Klee, Kiefer, Green) trat dann die Suche nach solchen disparaten, jedoch durch Analogien verbundenen bzw. verbindbaren Begriffen in den Vordergrund.

Installationsansicht Secret Garden, Zug
‚Beere’ und ‚Malta’ sind beides kleine Entitäten; ‚Kohl’ und ‚Welt’ runde Körper, die durch eine Kreisbewegung dargestellt werden, die Schmuck andeutende Gebärde von ‚Kirsche‘ hat Verwandtschaft mit dem Zeichen für ‚Frau‘; pflanzenhaft, von Innen heraus entfaltet sich ‚Kunst‘. Vor allem wenn ein zusätzlicher Kanal, hier die Bewegung der Lippen, fehlt, ist der Kontext, in dem ein Bild/Zeichen verwendet wird, für seine Bedeutung und Lesbarkeit ausschlaggebend.
Diese Doppel- oder besser Mehrdeutigkeit der Zeichen ist dabei kein Merkmal der Gebärdensprache: Im Hebräischen existieren, wenn auf Vokalzeichen verzichtet wird, eine Fülle gleicher Wortbilder, da nur Konsonanten geschrieben werden, im Chinesischen ergeben dieselben Silbenfolgen, mit unterschiedlicher Tonhöhe und Betonung gelesen, ganz andere Bedeutungen. Genauso gibt es im Deutschen Wörter gleicher Schreibung, aber unterschiedlicher Phonetik und damit Bedeutung (‚sie rasten’ – sie rasten’), aber auch Wörter, die bei gleicher Aussprache ein ganzes Bündel von Bedeutungen mit sich bringen. Ein klassisches Beispiel ist der Name der Stadt selbst, in der das Projekt stattfindet, Zug (der sich ja auch auf den Kanton beziehen lässt). Immerhin 16 verschiedene Bedeutungen zählt das Duden-Wörterbuch auf. Bei solchen Begriffen (erinnert man sich an das Spiel „Teekessel“?) wie ‚Zug‘ oder „Hahn“, ist die Polysemie oft auf bildhaft-metaphorische Sprechweise zurückzuführen: bei ‚Zug‘ ist das gemeinsame Moment das der Bewegung, des Ziehens (auch der Fischzug, von dem die Stadt ihren Namen hat), und der (Wasser)hahn steht mit dem gleichnamigen Tier in formassoziativer Beziehung und wurde deshalb nach ihm bezeichnet. Übrigens: Im Lehrbuch der Gebärdensprache findet sich kein Bildzeichen für ‚Zug’. Wahrscheinlich, weil das Wort so mehrdeutig ist.
Garden image, image garden
For an exhibition of Berlin artists in Zug, it was a logical step to work with images from a sign language dictionary published in 1985, also from (East) Berlin. I had shown depictions of countries’ names in public space in Moabit, Berlin and in the gallery Soy Capitán, in 2016.
Secret Garden offers an opportunity to reappraise the material and to create connections that confront the (at times cryptic) reproduced images of the sign language with the garden and the city today. Observing their hairstyles, the style of photography and the images, the protagonists appear to come from a quite different, far away, time, but they produce a remarkable presence with their gazes and concentrated, emblematic, signing.
Botanical concepts are visualized by demonstrations of form and size, but also of culturally determined actions performed with and on plants, such as the act of eating (the apple), preparation (carrots and salad) and of a playful use for other than that of food (cherries as earrings).
Although the gestures are clear, while looking through the book it was noticeable that some similar or even identical signs would re-appear, going beyond the botany to quite different categories. In a similar way as the project Biblioteca Botanica, 2006, which featured botanical book titles and names of authors such as ‘Klee,’ ‘Kiefer’ and ‘Green’ (translators note — the German botanical terms match the artists’ names), here a search was made for equally disparate terms which for which analogue links could be made. A ‘berry’ and ‘Malta’ are both small entities; a ‘cabbage’ and the ‘world’ are round bodies represented by a circular movement, and the jewelry-like sign for ‘cherry’ relates to the sign for ‘woman’; plant-like, ‘art’ unfolds from within. When an additional channel is missing, such as the movement of the lips here, the context in which an image is applied is particularly decisive for its meaning and legibility. For example, the sign featuring a rectangle described with both hands can mean – among other things – ‘picture’.
This ambiguity of the signs however is not a characteristic exclusive to sign language. In Hebrew, if there are no vowels, there is a wealth possible meanings for individual words, since only consonants are written, while in Chinese the same sequence of syllables, with different pitch and emphasis, can have a number of completely different meanings. A classic example in German is this city itself, in which the project takes place, Zug. The Duden dictionary has 16 different meanings (translators note: the Duden dictionary is the official reference for the German language). In words such as Zug (translators note: both the name of the host city, and the word for train, among others) and Hahn, (translators note: the German word for both rooster and tap) the polysemy is due to pictorial-metaphoric forms of speech. In Zug the common moment is in the movement, in draughting (see also the Fischzug (‘fish-draught’) from which the lakeside town takes its name), and the (Wasser)hahn (‘tap’, or ‘water-rooster’), which has an associative relationship with the animal of the same name, which is why it has been named after it. Incidentally, there is no sign for Zug in the textbook of sign language — probably because the word is so ambiguous.
(published in Gartenbilder-Bildergarten, 2017, translation by Oliver Walker)
Domestic Space 2 — Zweigstelle Berlin

Albert Coers, Javis Lauva, Carolin Leyck, Vera Rothamel, Stefan Schröter, Birgitta Weimer, Lawrence Weiner
21.9 — 2.11. 2013
by Stucken Art Consulting
Lehrter Str. 37 | D‑10557 Berlin
Eröffnung Freitag, 20.9., 19 Uhr
Zur Berlin Art Week geöffnet Samstag, 21.9., Sonntag, 22.9. jeweils 11 bis 18 Uhr
animalibri, Kunstverein Tiergarten Berlin, 2012





